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Stalinallee
Vor einigen Tagen war ich auf einer großen WG-Party eines Arbeitskollegen eingeladen. Die Feier fand in der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain statt. Obwohl ich sehr spät kam, befanden sich noch viele Gäste in der stark verqualmten Bude. Micha begrüßte mich euphorisch und stellte mir jeden einzeln vor. Die geräumige Küche war wie immer das lautstarke Zentrum der Wohnung und besonders gut gefüllt. Bald war klar: Ich, der Junge von nebenan, war der einzige ehemalige Ostdeutsche auf der gesamten Party ...
Eine große Runde scharte sich um einen im Monolog redenden Typen mit Brille, der sich scheinbar gerne selber zuhörte. Micha hatte ihn mir als Daniel aus Hannover vorgestellt, der in Berlin Politikwissenschaften studierte. Ich stellte mich daneben und hörte staunend zu. Er erklärte uns die Geschichte der Karl-Marx-Allee, erzählte von den Demos, die hier stattgefunden hätten, von den Anfängen und Renovierungen der Häuser ... Ich wollte ihn am liebsten anschreien und sagen, dass die hiesigen Häuser nicht erst in den 1960ern gebaut worden waren, dass hier nicht jede Woche Panzer und Raketenwagen vorgefahren waren und dass nicht erst nach der Wende nachträglich Badewannen und Fahrstühle eingebaut worden sind. Doch ich schwieg ...
Aber schweigen wollte Mark Scheppert nicht. Weil er sich in keinem Buch über die DDR wiederfand – »weder gehörte ich zu der Generation von ›Zonenkindern‹, ich wohnte in keiner ›Sonnenallee‹ und keinem ›Turm‹« – schrieb er Geschichten, »um mit Würde und Selbstbewusstsein, humorvoll und gerade deshalb auch ernsthaft« von seinem Erleben zu erzählen. Sein Band »Mauergewinner« erschien bei Books on Demand (hg. v. Liona Toussaint, 212 S., brosch., 14.90 €).
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