Kommunisten streben nach Linksfront

Linke Prominenz gab sich bei Pressefest der französischen »L'Humanité« ein Stelldichein

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Frankreichs Kulturminister Frédéric Mitterrand ist das alljährliche Pressefest der »L'Humanité« das größte Volksfest Frankreichs. Für die linken Parteien ist es zugleich eine Strategieberatung für den Kampf gegen die Sarkozy-Regierung.

Dass Kulturminister Frédéric Mitterrand am Wochenende auf dem Pressefest der kommunistischen Zeitung »L’Humanité« mit Pfiffen und Buh-Rufen empfangen wurde, gibt den bürgerlichen Medien eine willkommene Gelegenheit, nur davon zu berichten und nicht von den wesentlichen Themen, die die Veranstalter und die meisten Besucher bewegten. Der zweifellos vorbereitete Tumult um den Neffen des sozialistischen Ex-Präsidenten, dem einige Dutzend erregte Pressefestbesucher »Sozialverräter« und »Sarkozy-Knecht« entgegenriefen, gehe wohl auf das Konto »radikaler Kräfte anderer linker Formationen und nicht vorrangig von Kommunisten«, ist der stellvertretende Chefredakteur der »L'Humanité«, Maurice Ulrich, überzeugt. Das dürfte auch Mitterrand nicht entgangen sein, der die Ruhe bewahrte und erklärte: »Das Pressefest der »L’Humanité« ist das größte Volksfest Frankreichs, das von den Kommunisten für alle organisiert wird und an dem viele Künstler und Schriftsteller teilnehmen. Und ihnen allen will ich als Kulturminister meine Hochachtung erweisen und meine Bereitschaft zum Dialog bekunden.«

Die Bereitschaft zum Dialog bestimmte auch die große politische Debatte, zu der die KP-Vorsitzenden Marie-George Buffet eingeladen hatte und an der für die Sozialisten der Abgeordnete Claude Bartelone, für die Partei der Linken (PG) deren Vorsitzender Jean-Luc Mélenchon und sogar Arlette Laguiller für die trotzkistische Formation Lutte ouvrière (LO) teilnahmen. Ferngeblieben war nur die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) unter Olivier Besancenot. Angesichts der Krise und ihrer Folgen sowie der antisozialen und undemokratischen Politik von Präsident Nicolas Sarkozy und seiner Regierung der vereinten Rechten gelte es mehr denn je, alle linken Kräfte zu sammeln und für den gemeinsamen Kampf zu mobilisieren, erklärte Buffet. »Das gilt ausnahmslos für alle, von der PS bis zur NPA«, betonte die KP-Vorsitzende. »Wir sollten neue Wege einschlagen, um möglichst viele Franzosen einzubeziehen.« Sie schlug »thematische Ateliers« vor, die »allen linken Parteien und Formationen und auch den Grünen und anderen Umweltschutzorganisationen offenstehen« sollen.

So breit will Jean-Luc Mélenchon die Linksfront nicht ziehen. Diese müsse unabhängig von der Sozialistischen Partei bleiben. »Die Sozialisten befinden sich seit einiger Zeit auf einer schiefen Ebene und bewegen sich immer mehr aufs Zentrum zu«, ist er überzeugt. »Da kann es für uns kein Bündnis geben, sondern nur Wettbewerb. Andernfalls sind unsere Anhänger frustriert und bleiben der Wahl fern.«

Die Diskussion machte die Differenzen zwischen PCF und PG deutlich, die noch bei den EU-Wahlen gemeinsam angetreten waren und 6,5 Prozent erhalten hatten. Während die Partei der Linken im ersten Wahlgang der Regionalwahlen 2010 als Alternative zu den Sozialisten auftreten und erst für den zweiten Wahlgang eventuell in ein Zusammengehen einwilligen will, würden die Kommunisten von Anfang an gemeinsame Listen vorziehen, um einen Sieg der vereinten Rechten in den bislang mehrheitlich von den Linken regierten Regionen zu verhindern.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.