Auch Antwerpen ist Opel

Brüssel und EU-Staaten mit Standorten des Autobauers stellen deutsche Magna-Pläne infrage

Nachdem zahlreiche skandalöse Details des Rettungsplans für den europäischen Autobauer Opel bekannt geworden sind, übt sich die deutsche Politik nun in Schadensbegrenzung.

Deutschland und die anderen Staaten mit Opel-Standorten haben sich am Dienstag in Berlin getroffen, um über die Lastenverteilung bei der Sanierung des Autobauers zu beraten. Vertreter der Regierungen begannen ihre Beratungen darüber, wie die geplanten staatlichen Hilfen für den mutmaßlichen Opel-Investor Magna aufgeteilt werden sollen. Das Treffen ging am Abend ohne konkretes Ergebnis zuende.

Die EU-Kommission sowie Großbritannien und Belgien hatten die Bundesregierung davor gewarnt, die Gelder einseitig an den Erhalt deutscher Arbeitsplätze zu knüpfen. Für Ärger sorgt insbesondere das Vorhaben Magnas, das belgische Werk Antwerpen zu schließen, während die deutschen Standorte auch beim geplanten Abbau von über 10 000 Stellen relativ glimpflich davon kommen sollen. Der britische Premierminister Gordon Brown sicherte bei einem Besuch dem Vauxhall-Werk Ellesmore Port weitere staatliche Hilfen für den Erhalt von Arbeitsplätzen zu. Spaniens sozialistischer Industrieminister Miguel Sebastián kritisierte den geplanten Verkauf an Magna scharf. Das Konzept des Finanzinvestors RHJI sei besser.

Indes kündigte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes eine eingehende Prüfung an. Der EU gehe es besonders darum, dass die Hilfe für Opel nicht an politische Bedingungen über Standorte oder geografische Verteilung der Investitionen geknüpft werde, sagte Kroes am Montagabend vor dem Europaparlament in Straßburg. »Ich werde prüfen, ob im Fall Opel nichtkommerzielle protektionistische Maßnahmen im Spiel sind«, sagte sie. Sozialkommissar Wladimir Spidla forderte eine europäische Lösung, die ausschließlich auf »wirtschaftlicher Rationalität« basiere. Die Bundesregierung sieht die zugesagten Staatshilfen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro für Opel als mit EU-Recht konform an.

In der vergangenen Woche hatte der Verwaltungsrat des bisherigen Mutterkonzerns General Motors bekannt gegeben, den Verkauf der Mehrheit am europäischen Autobauer Opel/Vauxhall an Magna und die russische Sberbank zu empfehlen. Dafür hatten sich die zuvor die deutsche Regierung, Ländervertreter sowie die hiesigen Gewerkschaften stark gemacht. Mittlerweile wurde bekannt, dass ein Teil der deutschen Staatshilfen zur Modernisierung der russischen Autoindustrie verwendet werden soll.

Arbeitnehmervertreter geben sich nun doch wegen der Pläne für das Werk Antwerpen kämpferisch. »Wir werden gegen die Schließung kämpfen«, sagte der Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz. Er kündigte erste Proteste in der Hafenstadt für den 23. September an.

Das belgische Werk, das seit dem Jahr 1925 besteht, musste bereits in der Vergangenheit bei Sparprogrammen von General Motors besonders stark bluten. Die Zahl der Mitarbeiter wurde seit Anfang der 1980er Jahre von 12 000 auf nur noch 2600 gesenkt.

Dem finanziell angeschlagenen Zulieferer Magna droht derweil auch Ungemach von Großkunden. Sowohl der VW-Konzern als auch BMW wollen die bisherige Zusammenarbeit auf den Prüfstand stellen – aus Furcht, wichtige technische Informationen einem künftigen Konkurrenten zu geben. VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch sagte bei der Automesse IAA in Frankfurt am Main: »Wir als Konzern mögen es nicht, wenn aus unseren Zulieferern unsere Konkurrenten werden.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.