Sparsame Nervenzellen

Studie zeigt: Gehirn nutzt Energie sehr effizient

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 2 Min.

Obwohl das Gehirn des Menschen nur etwa zwei Prozent der Körpermasse ausmacht, verbraucht es fast 20 Prozent der Energie. Dieser Wert läge vermutlich weitaus höher, würden unsere kleinen grauen Zellen nicht gewissermaßen im Sparmodus arbeiten. Zumindest bei der Weiterleitung von Informationen benötigen sie weniger Energie als bisher angenommen. Das hat ein Forscherteam um Henrik Alle vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung herausgefunden.

Die Hälfte der im Gehirn genutzten Energie fließt in den Stoffwechsel der Nervenzellen. Von der anderen Hälfte wird ein Teil für die Erzeugung elektrischer Signale aufgewandt, mit deren Hilfe Gehirnzellen miteinander kommunizieren. Dabei strömen Natrium- und Kaliumionen durch die Zellmembran ein und aus und verändern so den Spannungszustand der Zelle. Es entsteht ein Aktionspotenzial, das sich entlang eines dünnen Fortsatzes (Axon) in Richtung anderer Nervenzellen ausbreitet.

Alle und seine Kollegen haben diesen Prozess im Hippocampus der Ratte untersucht, deren Hirnzellen den menschlichen weitgehend ähneln. Im Fachblatt »Science« (Bd. 325, S. 1405) teilen sie mit, dass die Axone im Ratten-Hippocampus nicht umwickelt seien. Sie sind »unmyelinisiert«, wie Neurobiologen sagen, und stehen im Verdacht, während der Signalfortleitung besonders viel Energie zu verbrauchen. Die neue Studie zeigt etwas anderes. Danach wirken die genannten Ionenflüsse so zusammen, dass sich der Einstrom von Natrium- und der Ausstrom von Kaliumionen nur wenig überlappen. Das hat zur Folge, dass die Nervenzellen von Säugetieren für den Aufbau der Aktionspotenziale rund dreimal weniger Energie benötigen als die zuvor untersuchten Nervenzellen von Tintenfischen. Man könnte auch sagen, Tintenfische sind hier im Vergleich zu Säugetieren Energieverschwender.

Zwar haben die Forscher den Prozess der Energieeinsparung bislang nur im Hippocampus nachgewiesen. »Es ist aber sehr wahrscheinlich«, sagt Alle, »dass unmyelinisierte Axone in der Hirnrinde generell energieeffiziente Aktionspotenziale bilden.« Das heißt, da weniger Energie in die Weiterleitung von Informationen fließt, steht mehr Energie für deren Verarbeitung zur Verfügung. Vermutlich wäre ohne diesen Mechanismus die Evolution der komplexen Säugetier-Gehirne gar nicht möglich gewesen.

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