Bestenfalls eine Geste

Es wäre eine kleine humanitäre Geste: Flüchtlinge aus Krisenländern wie Irak und Somalia erhalten großzügig Schutz innerhalb der Europäischen Union – bei angemessener interner Lastenverteilung. Soweit ist es noch lange nicht. Bisher gilt noch allemal, dass sich die Harmonisierung in Sachen EU-Flüchtlingspolitik auf länderübergreifende Abschiebungen und auf Gratis-Leichensäcke für die Kooperationsländer wie Libyen, Marokko, Tunesien, Mauretanien – allesamt als Horte der Menschenrechte bekannt – beschränkt.

Wenn der Vorschlag der EU-Kommission für ein EU-Umsiedlungsprogramm durchkommt, wie es Schweden als Inhaber des EU-Ratsvorsitzes anstrebt, wäre für einen Teil der Flüchtlinge etwas gewonnen. Wenigstens jene, die aus offenkundigen Bürgerkriegsländern kommen, wären keine reine Verschiebe- und Abschiebemasse mehr. Wer in Schweden als Flüchtling anerkannt wird, erhält dort verbriefte soziale Rechte – in Ländern wie Deutschland bleiben sie rechtlose Almosenempfänger.

Doch an den strukturellen Problemen ginge die Geste vorbei. Die Zahl der Flüchtlinge von jenseits der klassischen Kriegsgebiete steigt an und wird weiter ansteigen. Allein an Umweltflüchtlingen prognostiziert die UNO 150 Millionen Menschen bis 2050. Aber es bedarf gar nicht des Klimawandels: Schon die aggressive Agrarexport- und Fischereipolitik der EU sorgt schon dafür, dass sich die Lebensbedingungen im Süden derart verschlechtern, dass Menschen in die Flucht getrieben werden. Ohne einen radikalen Kurswandel in der Handelspolitik ist die Migration nicht zu stoppen. Humanitäre Gesten sind bei weitem zu wenig.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.