»Es muss nicht länger so bleiben, Herr Platzeck«

Brandenburgs LINKE bietet dem Ministerpräsidenten rot-rote Koalition an

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei ist bei der Landtagswahl in Brandenburg der SPD noch näher gerückt. Ob es zu Rot-Rot kommt, bleibt offen. Die SPD möchte mit der CDU und mit der LINKEN über die Regierungsbildung sprechen.
Rhythmisches Klatschen und begeisterte Rufe begleiten im völlig überfüllten Wahlquartier der Linkspartei im Potsdamer Hauptbahnhof den Gang von Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser auf das Podium. »Live is Live« wird kurz eingespielt, bevor die strahlende Politikerin das Wort an ihre Getreuen richtet.

Sekunden zuvor hat die Prognose den LINKEN über 27 Prozent zugesprochen, die SPD kam auf 31 und die CDU auf 21 Prozent. Dieses Ergebnis, das im Großen und Ganzen eine Wiederholung des Ergebnisses der Wahl von vor fünf Jahren darstellt, wertet Kerstin Kaiser mit Blumen im Arm als Aufforderung an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), »den Brandenburger Weg nach links« einzuschlagen. Dies wäre im Sinne der Mehrheit der brandenburgischen Wähler. Kaiser bietet dem Regierungschef die Mitarbeit ihrer Partei in einer neuen, »wirklich großen Koalition« an. »Jetzt muss Platzeck mutig sein.« Im drückend heißen Wahlquartier hat die Klimaanlage keine Chance. Unter den drei- bis vierhundert Anhängern stehen auch noch Eisenbahnpassagiere mit vielen und zum Teil großen Reisetaschen. Andere, die nicht mehr hineingelangt waren, drückten sich an den Scheiben die Nase platt.

Platzeck konnte sich darüber freuen, dass dem ersten Anschein nach seine SPD wieder stärkste Kraft im Land Brandenburg geworden ist. Doch der Absturz seiner Partei im Bundesmaßstab prägte auch seine ersten Reaktionen. Er sprach von einer »historisch zu nennenden Niederlage«. Man werde solidarisch mit der Bundes-SPD zusammenstehen, versprach er. Vor drei Jahren hatte Platzeck selbst nach 100 Tagen den Vorsitz der SPD im Bundesmaßstab aus Krankheitsgründen geräumt und sich nach der Genesung auf Brandenburg konzentriert. Die SPD hatte in den vergangene Wochen ihren Wahlkampf allein auf den Ministerpräsidenten zugeschnitten. Von den in Umfragen vorausgesagten 34 Prozent war sie bei der Verkündung der Prognose deutlich entfernt.
Eine gute Nachricht ist das mit 1 Prozent überaus schwache Ergebnis der rechtsextremen DVU, die bislang im Landtag vertreten war. Mit 8 Prozent sicher nach 15 Jahren zurück im Landtag sind offenbar die Liberalen, während die Grünen mit einem Wert von 5,5 Prozent nach der 18-Uhr-Prognose noch Stunden der Ungewissheit erwarteten.

Sollte sich das Prognoseergebnis auch bei der Auszählung betätigen, wäre in Brandenburg die Fortsetzung der Koalition aus SPD und CDU möglich. Die Landtagsabgeordnete Cornelia Wehlan (Linkspartei) gibt solchen Plänen gegenüber zu bedenken: »Dieses Land hat Rot-Rot gewählt.« Das Resultat sei das Bekenntnis der Brandenburger zu Zielen, wie sie auch von den LINKEN vertreten werden. Deren Umsetzung »geht nur mit einer rot-roten Regierung«.

Dass bei der Prognose zumindest die 20 Prozent überboten wurde, wird CDU-Spitzenkandidatin Johanna Wanka insgeheim erleichtert haben. Denn nach dem 19-Prozent-Ergebnis vor fünf Jahren waren die Christdemokraten in eine bis heute noch nicht überwundene Krise gestürzt. In den vergangenen fünf Jahren hatten innerparteiliche Kämpfe den Landesverband der CDU zerrissen. Drei Minister verschliss sie.

Bei der Bundestagswahl überholte die brandenburgische LINKE mit 27,4 Prozent die SPD, die 9,4 Prozent einbüßte und bei 26,4 Prozent landete. Die CDU erreichte hier 23,4 Prozent, FDP 9,1 Prozent und Grüne 5,8 Prozent.
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