Computer-Kriminalität: Jeder Zweite betroffen

BKA und Branchenverband warnen – und haben kaum Vorschläge für Gegenmaßnahmen zu bieten

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
24 Millionen Deutsche erledigen ihre Bankgeschäfte im Internet. Das sind 38 Prozent aller Bürger zwischen 16 und 74 Jahren. Und jeder zweite deutsche Internetnutzer wurde schon einmal Opfer von Kriminalität im Netz. Das Bundeskriminalamt und der Branchenverbandes Bitkom warnen. Wovor, ist nicht ganz klar.

»Sehr geehrter Herr ..., gemäß einer internationalen Warnmeldung ist es vermutlich bei einem zurückliegenden Einsatz Ihrer Kreditkarte im Internet zu einem Diebstahl von Kreditkartendaten gekommen. Diese Daten konnten nunmehr im Rahmen von Ermittlungen sichergestellt werden.«

Briefe wie diese werden in Deutschland täglich tausendfach an Bankkunden verschickt. Freundliche Stimmen in Callcentern raten dringend zum kostenlosen Austausch der Kreditkarte. Wer wann bei welchem »Einsatz« der Kreditkarte was »abgezockt« hat, erfährt man nicht.

Laut Bitkom wurde bereits jeder zweite deutsche Internetnutzer Opfer von Kriminalität im weltweiten elektronischen Kommunikationsnetz. Zumeist fängt man sich ein paar garstige Computerviren oder andere schädliche Programme ein. Doch all jene, die im ersten Halbjahr 2009 Opfer von sogenannten Phishing-Fällen wurden, meldeten durchschnittlich einen Schaden von rund 4800 Euro. Im Jahr 2008 hat man 1900 Fälle derartige Fälle gemeldet – insgesamt räumten die Betrüger dabei sieben Millionen Euro von fremden Bankkonten ab.

Nicht nur Bitcom warnt. Auch das Bundeskriminalamt (BKA), das mit dem Branchenverband gestern in Berlin eine gemeinsame Konferenz abhielt, ist besorgt. BKA-Präsident Jörg Zierke betonte, die Täter würden immer professioneller – und hundertprozentige Sicherheit im Netz gebe es nicht. Auch nicht beim Online-Banking – egal, was die Banken versprechen. Jeder, der sich in die elektronische Welt hinaus begebe, müsse darauf achten, dass sein Computer aktuelle Virenschutzprogramme und Firewalls habe. Auch das permanente Wechseln von Passworten sei nicht von Schaden.

Viel helfen können solche 08/15-Hinweise auch nicht. Aber Zierke hat Recht: »Wer im Internet ist, der macht die Tür seines Hauses weit auf und muss aufpassen, dass nicht jemand hereinspaziert kommt, den er nicht gerne haben möchte.« Und damit deutet er auch auf seine Behörde. Und andere, die Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) unterstehen, der Online-Durchsuchungen für notwendig hält.

Die meisten Angriffe auf fremde Computer kommen aus dem Ausland, wissen Experten. Und das funktioniert dann so, wie es auch der Bundesnachrichtendienst (BND) praktiziert. In den vergangenen Jahren, so flüsterten Beteiligte Anfang 2009, seien in mindestens 2500 Fällen Computer, die im Ausland stehen, infiltriert und ausspioniert worden. In weiteren Operationen installierten BND-Leute sogenannte Keylogger, mit denen sie Tastatureingaben und damit Passwörter in Erfahrung brachten. Aufgeflogen war diese Praxis unter anderem, weil der BND mehrere Monate lang den E-Mail-Verkehr des afghanischen Handelsministeriums mitgelesen hatte. Es ist mit Sicherheit nicht die einzige unfreiwillige Quelle gewesen.

Merke: »Mehr denn je müssen sich PC-Nutzer auf dem Laufenden halten, wie sie sich vor Kriminellen schützen können.« Das jedenfalls meinte Bitkom-Präsidiumsmitglied Prof. Dieter Kempf auf der gestrigen Konferenz.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.