Abbruchstelle Kita
In Hamburg drohen Kürzungen im Sozialsektor
Von 2008 bis 2012 würden die Ausgaben im Sozialhaushalt um über 300 Millionen Euro ansteigen, berichtete das »Hamburger Abendblatt« am Donnerstag und berief sich dabei auf behördeninterne Zahlen. Gleichzeitig lägen die voraussichtlichen Steuereinnahmen 2010 um 14 Prozent unter den bisherigen Schätzungen.
Eine Sprecherin der Sozialbehörde bestätigte auf ND-Anfrage, dass allein die Ausgaben für die Sozialhilfe in den nächsten vier Jahren von 1,2 Milliarden Euro auf 1,4 Milliarden Euro ansteigen würden. Im gleichen Zeitraum müssten die Gelder für Erziehungshilfen von 208 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 268 Millionen Euro 2012 angehoben werden.
Aus Daten der Finanzbehörde geht hervor, dass Hamburg in diesem Jahr nur über einen Gesamtetat von 8,2 Milliarden Euro verfügen wird. Ursprünglich angesetzt waren 9,6 Milliarden. Die Linksfraktion in der Bürgerschaft hatte allerdings schon bei den Haushaltberatungen 2008 bemängelt, dass die Steuerprognosen von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) viel zu optimistisch seien.
In der kommenden Haushaltsdebatte Ende Oktober werden die Haushaltslöcher breiten Raum einnehmen. Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) hat für sein Ressort bereits die Marschrichtung vorgegeben. Er will auf neue Schulden verzichten, dies sei ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Kürzungen des 2,2 Milliarden Euro schweren Sozialetats um mehrere hundert Millionen Euro verwies seine Sprecherin zwar ins Reich der Spekulation. Aber bei sinkenden Einnahmen und politisch verhängtem Schuldenverbot bleibt als logische Konsequenz tatsächlich nur der Rotstift. Damit widerspräche der CDU-Senator auch Beteuerungen der Bundeskanzlerin, die Konjunktur dürfe nicht kaputt gespart werden.
Den Löwenanteil des Sozialhaushalts machen in Hamburg gesetzliche Leistungen wie beispielsweise die Sozialhilfe aus. Gekürzt würde also an anderer Stelle. Die Behördenleitung hat vorsorglich schon die Wohlfahrtsverbände zu Gesprächen in der nächsten Woche eingeladen. Mögliche Abbruchstelle wären etwa die Kitas. Hamburg stellt hier Leistungen zur Verfügung, die über das gesetzlich Notwendige hinausgehen.
In einer ersten Stellungnahme wollten die Gewerkschaften aber keine Einschüchterungsversuche akzeptieren. So warnte eine ver.di-Sprecherin auf ND-Nachfrage: »Wir werden es nicht hinnehmen, dass Spardrohungen benutzt werden, um bei den nächsten Gehaltsverhandlungen Druck auf die Kita-Beschäftigten auszuüben.« Schon die diesjährige Lohnrunde war in Hamburg mit harten Bandagen geführt worden. Mehrmals stand man sich in Arbeitsgerichtsprozessen gegenüber.
Die Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dora Heyenn, befürchtet, die neue Sparpolitik führe zu »mehr sozialer Spaltung«. Am meisten litten darunter Hamburgs Kinder. »In dem Zusammenhang von Generationengerechtigkeit zu reden ist blanker Zynismus«, kritisiert Heyenn.
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