Wie raus aus der Hafenkrise?

Hamburger LINKE lud Gewerkschafter zum Gespräch

  • Reinhard Schwarz
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Krise hat den Hamburger Hafen mit voller Wucht erwischt. Über die Folgen für die Beschäftigten und mögliche Auswege diskutierten am Samstag Gewerkschafter, Experten und Vertreter der LINKEN.
Müller, Hackbusch und Kamin-Seggewies (v.l.)
Müller, Hackbusch und Kamin-Seggewies (v.l.)

Etwa 120 000 bis 160 000 Menschen leben in Hamburg direkt oder indirekt vom Hafen. Zugleich befinden sich die deutschen Überseehäfen im mörderischen Konkurrenzkampf etwa mit Rotterdam und Antwerpen.

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Wie aber lässt sich angesichts der Krise die Situation für die im Hafen Beschäftiten verbessern, Arbeitslosigkeit vermeiden oder zumindest abmildern? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Diskussionsveranstaltung, zu der die Hamburger Bürgerschaftsfraktion der LINKEN am Samstag in das Bürgerhaus im Stadtteil Wilhelmsburg eingeladen hatte. Die Beteiligung fiel mit rund 20 Teilnehmern eher mager aus. Dafür wurde umso intensiver diskutiert.

Deutlich wurde dabei: Vom »Jobmotor Hafen Hamburg« profitierten in der Vergangenheit neben den Unternehmen zwar auch die Hafenarbeiter, jedoch in der Regel nur eine Kernbelegschaft von rund 5000 Männern und Frauen. »Dieser Gruppe der Beschäftigten geht es relativ gut, sie sind vergleichsweise gut gestellt und auch organisiert«, verdeutlichte Bernt Kamin-Seggewies, der Vorsitzende des Betriebsrats der Gesamthafenarbeiter. Diese Kernbelegschaft arbeite meistens auch direkt im Umschlagsbereich des Hafens. Aber, so Kamin-Seggewies: »Die weitaus größere Gruppe der Beschäftigten ist meist schlecht organisiert und besteht aus einer großen Anzahl von Leiharbeitern, die von Zeitarbeitsfirmen ausgeliehen werden.« Für ihre harte Arbeit erhalten diese zumeist mickrige Stundenlöhne von rund acht Euro oder sogar weniger. Häufig arbeiten diese Beschäftigten nicht direkt im Hafen, sondern bei Speditionen oder bei Lagerfirmen. Ihre Lage war schon vor der Krise prekär. Seggewies: »Es wird geheuert und gefeuert.« Aber auch bei der bisher privilegierten Kernbelegschaft geht die Angst um.

Durch Mehr- und Wochenendarbeit sowie Überstundenzuschläge konnten viele ihre Löhne bisher deutlich aufbessern. Zirka 20 000 bis 30 000 Euro Zusatzverdienst sprangen pro Jahr und Beschäftigtem dabei heraus. Zunehmend entfalle dieser nun, erklärte Kamin-Seggewies: »Das tut natürlich weh.«

Aus Sicht von Norbert Hackbusch, Mitglied im Vorstand der Hamburger Linksfraktion, wird die Krise immer noch unterschätzt: »Es wird noch sehr lange dauern, bis sich die Umsatzzahlen wieder angeglichen haben«, sagte er bei der Veranstaltung. Generell fehle den betroffenen EU-Staaten ein »Gesamtkonzept für die Nordrange«. Gemeint sind damit die Hafenregionen Hamburg, Bremen, Rotterdam und Antwerpen.

Während der Debatte wurde aber auch deutlich, dass es durchaus Differenzen zwischen der parlamentarischen LINKEN und der gewerkschaftlichen gibt. So lehnt die LINKE die vom Hamburger Senat geforderte weitere Elbvertiefung ab, von Gewerkschaftsvertretern hingegen wird sie befürwortet.

Nichtsdestotrotz soll der Dialog zwischen LINKER und Gewerkschaften weitergeführt werden, betonte Hackbusch: »Wir werden uns im kleinen Kreis weitertreffen.« Für nächstes Jahr sei darüber hinaus eine Norddeutsche Hafenkonferenz geplant, kündigte er an. Ziel sei es, das fehlende »Hafenkonzept für den Nordrange-Bereich zu erarbeiten«.

Ein Projekt, an dem interessanterweise auch die »Gegenseite« arbeitet. So wurde vor einigen Tagen bekannt, dass das Beratungsunternehmen McKinsey an einem Hafenentwicklungplan des Senats mitwirkt, der im ersten Halbjahr 2010 vorgelegt werden soll. Globale Trends und die Entwicklung anderer Häfen sollen dabei mit einbezogen werden.

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