Erdogan hofiert Ahmadinedschad

Der türkische Regierungschef will Beziehungen zu Iran vertiefen

  • Jan Keetman, Istanbul
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Türkei strebt zwar nach wie vor einen Beitritt in die Europäische Union an. Von einer engen Zusammenarbeit mit Iran hält sie das freilich nicht ab.

Während zumindest die westliche Welt wegen der Atomkrise mit Iran den Atem anhält, reist Recep Tayyip Erdogan für drei Tage nach Teheran und verkündet unter anderem den Plan zu einer Art von Währungsunion mit dem islamischen Nachbarland. Erdogan hatte sich bei seinen Gastgebern in Teheran mit neuerlicher heftiger Kritik an Israel und der Ausladung der Israelis von einem NATO-Manöver in der Türkei gut eingeführt. Das Lob des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad war ihm gewiss. Erdogan tat ein Übriges und pries das iranische Atomprogramm als friedlichen und humanen Zwecken dienend. In einem Interview mit dem britischen »Guardian« vor seiner Abreise nach Pakistan und Iran tat Erdogan die Befürchtungen des Westens, das iranische Atomprogramm diene dem Bau einer Bombe, als »Gerede« ab.

Erdogan mag eine besondere Sympathie für Mahmud Ahmadinedschad empfinden. Die Lebenswege beider Politiker haben einige gemeinsame Punkte. Beide stammen aus relativ einfachen Verhältnissen. Erdogan ist zwar kein religiöser Eiferer vom Schlage Ahmadinedschads, aber immerhin der Absolvent einer Predigerschule, der in islamistischen Parteien Karriere gemacht hat. Ahmadinedschad ist im Westen ein rotes Tuch, genauso wie Erdogan bei den Kemalisten im eigenen Land. Beide Politiker treten als Anwalt des kleinen Mannes und konservativ-religiöser Werte auf. Kommt als letzter Punkt hinzu, dass beide Politiker ein Problem mit Israel haben, auch wenn Erdogan weit davon entfernt ist, die Existenz Israels in Frage zu stellen. Die Kritik an Israel scheint für Erdogan den Kampf für das Kopftuch als Markenzeichen für seine Wähler abgelöst zu haben. Außenpolitische Rendite in einer Reihe von Nachbarländern wirft der Streit mit Israel außerdem ab.

Indessen dürfte Erdogans Reise nach Teheran auch stark von ökonomischen Motiven geleitet gewesen sein. Obwohl Erdogan wirtschaftliche Probleme öffentlich abstreitet, kann es auch ihm nicht verborgen geblieben sein, dass die Wirtschaftskrise sein Land besonders hart getroffen hat. Wie sein einstiger Ziehvater Necmettin Erbakan versuchte, die Krise in den 70er Jahren durch engere Beziehungen zu Saudi-Arabien zu überwinden, so blickt auch Erdogan nun nach Osten. Das Handelsvolumen mit Iran, das im Vorjahr erstmals 10 Milliarden Dollar erreichte, in diesem Jahr aber weit bescheidener ausfallen wird, soll in zwei Jahren auf 20 Milliarden steigen. Ahmadinedschad hat Erdogan dabei sogar noch widersprochen: Es sollen 30 Milliarden werden.

Der Löwenanteil des Handels besteht aus türkischen Erdgasimporten. Die türkische TPAO soll nun auch das iranische Erdgasfeld Pars Süd untersuchen und dann dort fördern. Vor zwei Jahren wurde bereits ein Protokoll unterschrieben, doch seither ist bei der 4 Milliarden Dollar schweren Investition nichts geschehen. Der Grund hierfür ist wohl Druck aus den USA.

Ein anderes Vorhaben könnte ebenfalls auf Schwierigkeiten stoßen: die Senkung der Zollschranken zwischen beiden Ländern. Hier ist der Spielraum der Türkei durch die Zollunion mit der EU eingeschränkt. Keine politischen Schwierigkeiten gibt es bei dem Vorhaben, den Handel zwischen beiden Staaten auf Türkische Lira und Iranische Rial abzustellen. Dasselbe praktiziert die Türkei auch mit Russland und eine entsprechende Vereinbarung mit China ist geplant.

Der politische Schaden von Erdogans Reise nach Teheran liegt zunächst auf der Seite der USA und Europas. Mitten in einer kritischen Verhandlungsphase mit Iran waren es diesmal weder Russland noch China, sondern ein NATO-Staat und EU-Beitrittskandidat, der vorgeprescht ist und alles was in seiner Macht stand, getan hat, um den politischen Druck auf Teheran zu mindern.

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