Polen in Litauen haben Probleme

Was Dalia Grybauskaite in Warschau verschwieg

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Litauens Präsidentin Dalia Grybaus- kaite war in diesem Jahr einziger ausländischer Ehrengast am »Tag der Unabhängigkeit Polens«, der am 11. November begangen wurde.

Beim Zeremoniell am Grabmal des Unbekannten Soldaten auf dem Pilsudski-Platz in Warschau hielt Frau Grybauskaite direkt nach dem polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski eine erbauliche Rede in polnischer Sprache. Sie hob die historisch gewachsenen polnisch-litauischen Bande hervor, erwähnte die Lubliner Union von 1569, durch die eine »Republik beider Nationen« ins Leben gerufen wurde, beklagte das gemeinsame Schicksal von Polen und Litauern, seit Polen 1795 dreigeteilt und Litauen dem russischen Zarenreich einverleibt wurde. In entscheidenden historischen Momenten, sagte sie, seien Polen und Litauer immer einig gewesen, und mit Blick auf die künftigen Generationen bestehe zwischen beiden Staaten eine strategische Partnerschaft.

In der Botschaft aus Vilnius vermisste die polnische Öffentlichkeit allerdings einige Worte. Vor der Presse erwähnte Frau Grybauskaite denn auch »gewisse Probleme, die unter vier Augen mit Lech Kaczynski besprochen wurden«. Was sind das für Probleme?

In Litauen lebt eine polnischsprachige Minderheit, die mit 358 000 Bürgern fast 7 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. In manchen Gegenden beträgt ihr Anteil zwischen 60 und 80 Prozent. Während bezüglich des Vereins- und Medienrechts, der Eigentumsrechte und des Wahlrechts Fortschritte erreicht wurden (Vertreter der Minderheit sitzen im litauischen wie auch im EU-Parlament), hält es der litauische Staat sehr streng mit der Schreibweise polnischer Namen: Sie müssen in offiziellen Dokumenten litauisch klingen, also mit »ius«, »as« oder »is« enden. Dagegen protestieren die polnisch sprechenden Bürger. Doch alle Verhandlungen in dieser Frage blieben bisher ergebnislos. Auch jüngste Urteile der höchsten juristischen Instanzen Litauens lassen auf der Hauptseite des Reisepasses und anderer offizieller Dokumente nur den litauisch klingenden Namen zu. Der polnische EU-Parlamentarier Waldemar Tomaszewski will die Sache deshalb nach Brüssel tragen.

Tatsächlich kann in den polnisch-litauischen Beziehungen vom Prinzip der Gegenseitigkeit nicht die Rede sein. Angehörige der litauischen Minderheit im Nordosten Polens, um die Städte Sejny und Punsk, wie auch der deutschen Minderheit in Schlesien haben weder mit der Namensschreibung noch mit der zweisprachigen Ortsbezeichnung Probleme.

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