Iran sucht nach neuen Freunden
Großmanöver sollen Israel warnen
Die Übung sei bereits vor Jahresfrist geplant worden, beschwichtigte Brigadegeneral Ahmad Mikani, Chef der iranischen Luftabwehr, die Aufregung im Westen. Das Manöver habe nichts mit der jüngsten Eskalation der Spannungen zu tun. Gemeint war die Ablehnung des UNO-Vorschlags, in Iran schwach angereichertes Uran in Russland und Frankreich weiterzuverarbeiten, durch Teheran.
Ergrimmt über die Abfuhr, drohte USA-Präsident Barack Obama bereits mit einer härteren Gangart. Für Diplomatie, warnte er im Gespräch mit seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedjew am Rande des Asien-Pazifik-Gipfels in Singapur, bleibe nicht mehr viel Zeit. Nach iranischer Darstellung schwelgen israelische Medien zudem bereits in Details eines Präventivschlags gegen Iran. Das lässt allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz den Schluss zu, dass die Manöver sehr wohl als Warnung für Israel gedacht sind. Die Raketen des Typs »Shihab« (Komet), die Iran testet, sollen bis zu 2000 Kilometer weit reichen, könnten also auch Ziele in Israel angreifen. Und schon bald, kündigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums an, werde Irans Luftabwehr auch mit einheimischen Systemen ausgerüstet, die den russischen S-300 nicht nachstehen und jeden israelischen Angriff zuverlässig abwehren könnten.
Zwar hatten sich Moskau und Teheran bereits 2005 über die Lieferung moderner S-300-Luftabwehrsysteme geeinigt. Das Abkommen würde Russland etwa zwei Milliarden Dollar in die Kassen spülen. Geliefert wurde bisher jedoch nichts, obwohl Iran mehrfach drängte. Doch ebenso oft standen Emissäre Israels in Moskau auf der Matte. Zuletzt gaben sich Unterhändler beider Staaten im September in Russland die Klinke in die Hand. Teheran hatte offenbar die schlechteren Argumente und kassierte gleich danach die nächste diplomatische Niederlage: Für Obamas Ankündigung, die Stationierung des USA-Raketenschilds in Mitteleuropa bis 2015 zu vertagen, ließ Medwedjew Bereitschaft zu härteren Sanktionen gegen Iran wegen dessen Kernforschungsprogramm erkennen.
Teheran sucht seither nach neuen Partnern und favorisiert die Türkei. Zwar lieferten sich Sultane und Schahs über Jahrhunderte erbitterte Kämpfe. Heute indes haben beide freundschaftliche Beziehungen und die Türkei noch dazu gute Kontakte zu Israel. Beides, so Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Zeitschrift »Russland in der globalen Politik«, könnte dazu führen, dass die Türkei Russlands Part bei den Verhandlungen über Irans Kernforschungsprogramm einnimmt. Zumal Ankara Teheran die Urananreicherung in türkischen Anlagen angeboten hat. Und diesmal fiel Irans Antwort viel moderater aus. Niemand, so wurde Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast zitiert, habe je behauptet, dass Iran sich dagegen sperrt, zu 3,5 Prozent angereichertes Uran im Ausland weiterverarbeiten zu lassen. Iran wolle lediglich hundertprozentige Garantien für die Rücklieferung von zu 20 Prozent angereichertem Uran. Das reicht für Brennelemente, nicht für Bomben.
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