Traian Basescu muss um sein Amt zittern
Bei der Stichwahl um die Präsidentschaft Rumäniens ist Herausforderer Mircea Geoana Favorit
Schon kurz nach dem ersten Wahlgang verkündete der drittplatzierte Crin Antonescu (Nationalliberale Partei – PNL), dass er und seine Partei den sozialdemokratischen Kandidaten Geoana unterstützen werden. Antonescu hatte im ersten Wahlgang 20,02 Prozent der Stimmen gesammelt. Auch der Demokratische Verband der Ungarn in Rumänien (UDMR), dessen Kandidat 3,83 Prozent erhalten hatte, erklärte seine Unterstützung für den 51-jährigen Mircea Geoana. Demnach hätte der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (PSD), bisher Senatspräsident, die besten Chancen, ins Amt des Staatspräsidenten aufzurücken. Ob allerdings alle Wähler des Nationalliberalen Antonescu zu Geoana überlaufen, dessen Partei der Makel angehängt wird, aus der RKP Nicolae Ceausescus hervorgegangen zu sein, bleibt zu bezweifeln.
Traian Basescu (58), 2004 zum Präsidenten gewählt, wird vor allem von der Liberalen Partei (PDL) des gestürzten, aber immer noch amtierenden Regierungschefs Emil Boc unterstützt. Die PDL gehörte einst ebenso wie die PSD den europäischen Sozialisten an, ist jedoch zur konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) übergetreten. Das bedeutet allerdings nicht, dass sich bei dieser Wahl gegensätzliche gesellschaftspolitische Konzeptionen gegenüberstehen würden. Der Übertritt der PDL war vor allem politischer Berechnung geschuldet: Sie befreite sich dadurch aus der Zwickmühle, auf europäischer Ebene in der gleichen Partei wie die Sozialdemokraten zu sein, im eigenen Land aber die politische Gegnerschaft zu pflegen. Basescu wollte gar keine andere Partei mit anderem Konzept, ihm ging es allein um den Schein. Die Partei diente und dient ihm als Instrument seiner eigenen Interessen. Auf der anderen Seite bietet auch Geoanas PSD kaum noch das Bild einer in ihrer Grundsubstanz links ausgerichteten Partei. Ihre Politik wird zunehmend vom Neoliberalismus geprägt. Soziale Anliegen werden allenfalls so weit vertreten, wie es notwendig erscheint, um soziale Ruhe im Lande zu gewährleisten.
Sozialdemokraten und Nationalliberale, Geoana und Antonescu, hatten schon drei Tage nach dem ersten Wahlgang ein »Abkommen über den Ausbruch Rumäniens aus der Krise« unterschrieben. Zudem einigten sie sich, im Falle des Sieges von Geoana den Bürgermeister von Sibiu, Klaus Johannis, der zugleich Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien ist, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Johannis war schon zu Beginn der politischen Krise in Rumänien von den Nationalliberalen als Ministerpräsident vorgeschlagen und von den Sozialdemokraten unterstützt worden. Präsident Basescu hatte diesen Vorschlag jedoch nicht akzeptiert, seinen eigenen Favoriten aber auch nicht durchsetzen können, so dass Rumänien seit Wochen »geschäftsführend« regiert wird.
PSD und PNL könnten im Falle des Wahlsieges eine neue Regierung stellen, die sich auf eine Mehrheit im Parlament stützt und wohl etliche Spitzenämter neu besetzen würde. Basescus Anhänger würden ins zweite Glied geschoben werden. Der Einsatz bei diesen Wahlen ist also sehr hoch – für beide Lager!
Auch im Ausland wartet man darauf, dass Rumänien wieder eine stabile Führung erhält, die das Vertrauen ihrer Geldgeber, vor allem des Internationalen Währungsfonds (IWF) gewinnt. Sozialdemokraten und die Nationalliberale haben sich beim Abschluss ihres Abkommens auf Steuersenkungen, die Dezentralisierung und Entpolitisierung der öffentlichen Verwaltung, die Unterstützung der benachteiligten Schichten, die Modernisierung der Landwirtschaft, eine gerechte Verteilung der Ressourcen, die Achtung der individuellen Rechte und Freiheiten geeinigt. In einem Gespräch mit Gewerkschaftsvertretern versprach Mircea Geoana, einen »echten sozialen Dialog« zu pflegen. Leicht wird die Einlösung aller dieser Versprechen auf keinen Fall. Der Vertreter Rumäniens beim IWF, Mihai Tanasescu, hat sich bereits zu Wort gemeldet und erklärt: »Ich hoffe, dass die Maßnahmen, die auf Steuersenkung abzielen, keine wichtige Rolle in der Politik der künftigen Regierung spielen werden.«
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