Finanzspekulationen sollen Geld kosten

Bündnis hat 50 000 Unterschriften für Transaktionssteuer gesammelt

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Mehr als 50 000 Bürgerinnen und Bürger haben innerhalb von drei Wochen die von dem Bündnis »Steuer gegen Armut« initiierte Online-Petition zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer unterzeichnet.

Als einen großen Erfolg bezeichnet Initiator Jörg Alt von der Jesuitenmission gegenüber ND das Ergebnis der Unterschriftensammlung im Netz für eine Steuer auf Finanztransaktionen: »Wir haben das nötige Quorum erreicht, damit das Thema im Petitionsausschuss des Bundestages öffentlich behandelt werden muss. Ein Termin steht noch nicht fest.« Doch noch wichtiger ist für Alt die öffentliche Debatte, die durch die Petition ausgelöst wurde. Sie soll bewirken, dass weltweit Banken, Investmentfonds und Börsen eine geringe Abgabe auf alle Transaktionen zahlen, um Finanzspekulationen einzudämmen

So stellte sich die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischöfin Margot Käßmann, ebenso hinter die Forderung wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Ökonom Stephan Schulmeister vom österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO). Er begründet seine Unterstützung auch mit wirtschaftspolitischen Argumenten: »Eine Finanztransaktionssteuer wird die Profitabilität kurzfristiger Spekulation mindern und so die Instabilität von Wechselkursen, Rohstoffpreisen und Aktienkursen dämpfen«, erklärt Schulmeister. Zugleich generiere die Steuer das nötige Geld für die Umsetzung der Millenniums-Ziele der Vereinten Nationen. Die sehen unter anderem vor, dass die Anzahl der Menschen in extremer Armut bis 2015 halbiert werden soll.

Regierung mit Differenzen

Auf den ersten Blick ist es verwunderlich, dass die Politiker in Deutschland mittels einer Petition für die Finanztransaktionssteuer zum Handeln aufgefordert werden. Schließlich gibt es hier zu Lande zahlreiche Experten, die sich positiv über einer solchen Abgabe äußern. Wenn man deren Erklärungen allerdings genauer liest, wird deutlich, dass eine solche Abgabe nur im internationalen Rahmen durchzusetzen ist. So erklärte Bundespräsident Horst Köhler in seiner Ansprache anlässlich der Amtseinführung der neuen Bundesregierung am 28.Oktober 2009: »Ich halte es auch für richtig, wenn sich Deutschland mit Nachdruck für eine Abgabe auf internationale Finanztransaktionen einsetzt.«

FDP lehnt Steuer ab

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach das Thema in ihrer Regierungserklärung vom 11. November 2009 an: »Wenn wir international übereinkommen, bin ich sehr dafür, dass wir zum Beispiel über eine Börsenumsatzsteuer international die Banken an der Begleichung der Schäden, die diese Krise angerichtet hat, beteiligen.«

Widerstand gegen eine Finanztransaktionssteuer kommt nun aus dem von Dirk Niebel (FDP) geführten Bundesentwicklungsministerium. Nach Informationen von »Spiegel-online« will der neue Minister die Mitarbeit in einer internationalen Arbeitsgruppe zum Thema, die von seiner Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul eingeleitet worden war, beenden. Niebel erklärte, dass es eine Transaktionssteuer in dieser Legislaturperiode nicht geben werde, weil sie nicht im Koalitionsvertrag steht. Dafür handelte er sich einen Rüffel aus dem Bundeskanzleramt ein. Merkels Sprecher Ulrich Wilhelm erklärte, es sei für solche Festlegungen definitiv zu früh. Das Thema werde auf dem Herbsttreffen der G20 in Südkorea auf der Tagesordnung stehen.

Grüne fordern Anhörung

Der finanzpolitischer Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, erklärte, nachdem eine Online-Petition mit mehr als 50 000 Unterzeichnern vorliege, müsse das Thema Finanztransaktionssteuer in einer öffentlichen Anhörung wieder aufgegriffen werden. Viele Bürger »fragen sich zu recht, warum bei fast jedem Produkt Umsatzsteuer erhoben wird, aber nicht bei Finanzdienstleistungen.«

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!