Bombenterror erschütterte Bagdad
Erneut forderte eine Serie von Attentaten in Iraks Hauptstadt über 100 Todesopfer
Unmittelbar nachdem das irakische Parlament am gestrigen Dienstag unter enormem Druck der US-Administration das Wahlgesetz mit einigen Änderungen beschlossen hatte, wurde die irakische Hauptstadt Bagdad erneut von einer Gewaltwelle erschüttert. Zum dritten Mal seit August kam es zu einer Anschlagsfolge auf öffentliche Einrichtungen und Märkte, wobei etwa 120 Menschen getötet und mindestens 450 verletzt wurden. Augenzeugen berichteten von Explosionen und Schießereien am Dienstagmorgen, die etwa eine Stunde lang anhielten. Dichte Rauchwolken stiegen in den Himmel.
Ziel der Anschläge waren Bildungseinrichtungen wie die Mustansiriya-Universität, ein rechtswissenschaftliches Institut, in dem Richter ausgebildet werden, sowie ein Institut zur Ausbildung von Ingenieuren. Im Zentrum der Stadt wurden das Gerichtsgebäude angegriffen, der belebte Shorja-Markt sowie die Zentrale der Rafidain Bank.
Im August waren durch eine Bombenserie im Regierungsviertel von Bagdad rund 100 Menschen ums Leben gekommen. Im Oktober starben 153 Iraker, als kurz hintereinander neben dem Justizministerium und dem Gebäude des Provinzrates Bomben explodierten.
»Sind wir verflucht?«, wird in einem Bericht eine Frau zitiert, die Verbrennungen an Armen und Beinen erlitten hatte. »Wann hat diese Sache mit den Wahlen endlich ein Ende?« Ein anderer Iraker äußerte: »Die Wahlen stehen bevor, die Politiker töten sich gegenseitig.« Doch die Anschläge treffen weniger die extrem gut geschützten irakischen Politiker als die Bevölkerung. Die Öffentlichkeit wurde von Regierung und Sicherheitsberatern, Abgeordneten und Medien seit Monaten auf zunehmende Gewalt vor den nächsten Wahlen eingestimmt. Am Dienstag wurde der 6. März als Termin für die Parlamentswahlen bekannt gegeben.
Die Stimme der »arabischen Straße« verweist bei der Frage nach den Urhebern solcher Massaker auf die mindestens zwei Dutzend Geheimdienste, die in Irak herumschleichen und im Interesse von Parteien, Regierung und mächtigen Clans, für einzelne Ministerien oder ausländische Mächte und Konzerne arbeiten. »Irak soll zerstört werden«, ist Rafid S. überzeugt, ein Christ aus Al-Karrada. »Da sind sich alle einig.« Die einen machen Saudi-Arabien verantwortlich, die anderen Iran, kaum jemand glaubt, dass die irakische Opposition oder ehemalige Baathisten mit solchen Anschlägen zu tun haben, wie die Regierung öffentlich behauptet. Dass die Anschläge nicht verhindert werden können, wirft ein düsteres Licht auf die Regierung. Sie ist nicht in der Lage, die Menschen zu schützen. Das trifft vor allem Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der sich erst kürzlich vom stark Iran-orientierten Obersten Islamischen Rat distanzierte und ein eigenes Wahlbündnis gründete.
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