Ausbildung der Lehrer: mangelhaft!
Vor vielen Jahren meinte der damalige Berliner Bildungssenator Klaus Böger in einem Gespräch mit dieser Zeitung sinngemäß, dass er liebend gern den Schulen ein neues pädagogisches Gesicht verpassen würde, aber er könne sich eben keine neuen Lehrer backen. Böger sagte das damals hinter vorgehaltener Hand, also nicht für die Veröffentlichung bestimmt.
Die Zurückhaltung Bögers war wohlbegründet, doch im Zuge der PISA-Diskussion wurde darauf keine Rücksicht mehr genommen. Dabei ist es in der Tat so, dass eine Schulreform nur dann gelingen kann, wenn die wichtigsten Akteure – die Lehrer – entsprechend mitmachen. Man hätte also, um mit Böger zu sprechen, sich erst einmal neue Lehrer backen müssen, sprich die Lehrerausbildung reformieren müssen (das gilt übrigens nicht nur für Berlin). Das aber ist nicht geschehen. Das zeigt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die dieser Tage veröffentlicht wurde. Die Untersuchung kritisiert vor allem, dass die Eignung der Studierenden für den Lehrerberuf kaum überprüft werde. Beratungsgespräche und Eignungspraktika, wie in anderen Studiengängen üblich, fehlten bei der Lehrerausbildung, wird in der Studie kritisiert.
Man muss sich das mal vorstellen: Während angehende Erzieherinnen und Erzieher ein einjähriges, in vielen Bundesländern sogar zweijähriges Vorpraktikum absolvieren müssen und bei Sozialarbeitern studienbegleitende Praktika zwingend sind, kommen Lehrer in der Regel erst mit Beginn des Referendariats nach Studienabschluss mit der Praxis in Kontakt. Vorbereitet werden sie darauf überwiegend von Professoren, die selbst nicht aus der Schulpraxis kommen.
Eine solche Ausbildung ist nicht nur ein Vergehen gegenüber Kindern, sondern auch eines gegenüber den Junglehrern, die als Nichtschwimmer ins Wasser geworfen werden. Wenn sie Glück haben, treffen sie dort auf erfahrene Kollegen, die ihnen das Schwimmen beibringen. Wenn sie Pech haben, auf Nichtschwimmer, die sich selbst nur mühsam über Wasser halten können.
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