Länder wollen mehr von der Mehrwertsteuer

Im Gegenzug zu den Steuerausfällen durch das schwarz-gelbe Wachstumsbeschleunigungsgesetz wollen die Länder künftig einen größeren Anteil an der Mehrwertsteuer erhalten.

Entsprechend der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik gibt es Festlegungen, wie der Steuerkuchen auf Bund, Länder und Kommunen verteilt wird. Im Grundgesetzartikel 106 ist festgelegt, welche Steuer welcher Gebietskörperschaft zusteht. Es gibt aber auch Gemeinschaftsteuern, zu denen die größten Einnahmeposten des Staates zählen: die Einkommen-, die Körperschaft-, die Kapitalertrag- und die Umsatz-/Mehrwertsteuer. Dabei geht die Körperschaftsteuer fifty-fifty an Bund und Länder. Bei der Einkommensteuer gehen 15 Prozent an die Kommunen, den großen Rest teilen sich Bund und Länder. Bei der Umsatzsteuer ist die Rechnung komplizierter. Zunächst erhält der Bund 5,63 Prozent der Einnahmen – als Ausgleich für einen zusätzlichen Bundeszuschuss zur Rentenversicherung. Dann erhalten die Gemeinden 2,2 Prozent – zum Ausgleich des Wegfalls der Gewerbekapitalsteuer. Vom Rest erhalten die Länder 50,4, der Bund 49,6 Prozent.

Änderungen an diesem Verhältnis sind bei der Umsatzsteuer einfach zu beschließen: per Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Laut Verfassung sind die Anteile von Bund und Ländern »neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt«.

Neben dieser praktischen Überlegung dürfte es auch fiskalische Gründe geben, warum die Länder gerade von der Umsatzsteuer mehr haben wollen. Diese wird von den Unternehmen bei jedem Umsatz rasch an den Fiskus überwiesen und sie ist konjunkturresistenter etwa als die Körperschaftsteuer. Bei letzterer können Kapitalgesellschaften bei Verlusten über Jahre ihre Steuerlast minimieren und sie haben viele andere legale Schlupflöcher.

Darüber hinaus blieb die Umsatzsteuer von den Steuersenkungsrunden der vergangenen Jahre immer unberührt. Im Gegenteil wurde der normale Steuersatz von der Großen Koalition 2007 um drei Punkte auf 19 Prozent erhöht, um Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen. Zu einer richtig neoliberalen Steuerpolitik gehört nämlich auch die Umschichtung von »progressiv« gestaffelten direkten Steuern (wer mehr einnimmt, zahlt einen höheren Satz) hin zu den einheitlichen Verbrauchsteuern. Die Umsatzsteuer, die letztlich von Otto Normalverbraucher bezahlt wird, unterscheidet nicht zwischen Arm und Reich.

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