Weihnachtsgeld auf Hartz-IV-Basis?

CDU-Politiker wollen kurz vorm Fest mit Forderung nach Zuschuss für Arbeitslose punkten

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Es klingt wie ein Rührstück aus der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens: Zwei CDU-Politiker forderten am Montag in Springers Hausblatt, man möge Hartz-IV-Betroffenen ein kleines Weihnachtsgeld zahlen, damit diese Geschenke kaufen können. Währenddessen will Deutschlands oberster Wirtschaftsweiser, Wolfgang Franz, den Regelsatz der Betroffenen um ein Drittel kürzen.

»Weihnachtsgeld für Hartz-IV-Empfänger«, so titelte die »Bild«-Zeitung am Montag. Manch ein Betroffener mag da erfreut zum Springer-Blatt gegriffen haben. Umso größer muss die Enttäuschung gewesen sein: Denn die Story entpuppte sich schnell als schöne Weihnachtsgeschichte zweier CDU-Politiker: »Mit einem kleinen Weihnachtszuschuss könnten Hartz-IV-Empfänger Heiligabend gelassener entgegensehen«, so Gerald Weiß, der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmergruppe CDA. Sein Namensvetter und Parteikollege Peter Weiß vom Unions-Arbeitnehmerflügel der Bundestagsfraktion legte noch einen drauf: »Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bedeutet auch, dass man sich kleine Weihnachtsgeschenke leisten kann«, so der Besserverdiener in »Bild«.

Den beiden Politikern aus der zweiten Reihe dürfte der Artikel die erhoffte Publicity gebracht haben, den Betroffenen wohl herzlich wenig. So meinte der Sprecher des Erwerbslosenforums, Martin Behrsing, gegenüber ND: »Der Vorschlag ist gut, nur leider kommt er zu spät.« Man könnte aber »unbürokratisch« helfen und das Geld direkt von den Jobcentern auszahlen lassen, so Behrsing. Doch daraus wird wohl nichts mehr in diesem Jahr. Dabei könnten die Betroffenen das Geld dringend gebrauchen, wie die Vorsitzende des Sozialverbandes VDK, Ulrike Maschner, am Montag betonte: »In den Regelsätzen ist für Kinder pro Monat weniger als ein Euro für Spielwaren und Hobbys vorgesehen. Daran sieht man, wie wichtig ein Zuschuss wäre«, betonte die VDK-Chefin. »Insgesamt sind wir für die generelle Anhebung der monatlichen Regelsätze für Kinder und Erwachsene«, unterstrich Maschner.

Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ließ sich von der Weihnachtsstimmung übermannen und kritisierte am Wochenende, die Politik habe »etwas falsch gemacht«, wenn Menschen unverschuldet arbeitslos werden und dann nach einem Jahr schon im Hartz-IV-Bezug landen. Dabei hatte seine SPD die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld (ALG I) gekürzt und dies lange Zeit gegen Kritiker von links gerechtfertigt.

Doch offenbar lassen sich nicht alle von der vorweihnachtlichen Besinnlichkeit anstecken. So will Deutschlands oberster Wirtschaftsweiser Wolfgang Franz den Regelsatz von Langzeitarbeitslosen um ein Drittel kürzen. Dafür hat der Sachverständigenrat der Bundesregierung, dem Franz vorsitzt, offensichtlich bereits konkrete Kürzungspläne ausgearbeitet. Der »Rheinischen Post« verriet Franz: »Kernstück des Modells sind eine Absenkung des Regelsatzes um 30 Prozent und gleichzeitig bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten.«

Für die Betroffenen hieße das: Der Regelsatz sinkt von derzeit 359 auf knapp 250 Euro. Somit würde ein erwachsener Hartz-IV-Betroffener genau so wenig erhalten wie ein achtjähriges Kind.

Franz will mit seinem Vorschlag den Druck auf Langzeitarbeitslose weiter verstärken. Dabei ignoriert der Ökonom, dass Hartz IV und die »aktivierende Arbeitsmarktpolitik« gescheitert sind – allen Schikanen und Leistungskürzungen zum Trotz. Nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands lag die Zahl der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Jahr 2009 mit 4,93 Millionen in etwa auf dem Niveau der Anfangszeit von Hartz IV: Im September 2005 zählte man rund 5,15 Millionen Langzeitarbeitslose.

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