Viele Krisenopfer landen 2010 in Hartz IV
BA-Vorstand: Arbeitsplätze weg oder im Ausland / Hessens Ministerpräsident für Hilfe aus einer Hand
Nürnberg/Wiesbaden (dpa/ND). Die aktuelle Wirtschaftskrise stellt nach Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit (BA) die Hartz-IV-Arbeitsmarktreform vor große Herausforderungen. Viele Beschäftigte, die in diesem Jahr ihre Stelle verloren hätten, dürften 2010 in Hartz IV rutschen, sagte BA-Vorstand Heinrich Alt in einem dpa-Gespräch in Nürnberg. Zudem rechnet Alt im Zuge der Krise mit strukturellen Problemen: »Diejenigen, die auf einfachen Arbeitsplätzen beschäftigt wurden, werden diese nach der Krise nicht mehr vorfinden, weil diese zwischenzeitlich wegrationalisiert oder ins Ausland verlagert wurden.« Die Jobcenter könnten zwar keine Stellen für Langzeitarbeitslose schaffen, aber dafür sorgen, dass Hartz-IV-Betroffene etwa mit Aus- und Fortbildungen oder gezielten Trainingsmaßnahmen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Auch müsse Zuwanderern bei der Anerkennung ihrer ausländischen Abschlüsse geholfen werden.
Keine allzu großen Probleme erwartet Alt beim Umbau der Jobcenter, zu dem die Arbeitsagenturen und die Kommunen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2010 gezwungen sind. Das Modell der getrennten Aufgabenwahrnehmung in den Jobcentern hält Alt für »einen guten Kompromiss, mit dem man leben kann«.
Dagegen dringt Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf Hilfe aus einer Hand für Langzeitarbeitslose. Ohne die Kooperation von Kommunen und Arbeitsagenturen liefen Hartz-IV-Bezieher Gefahr, bei der Suche nach Hilfe zwischen zwei Behörden zerrieben zu werden, sagte er in Wiesbaden. Der CDU-Politiker bedauerte, dass sich die Parteien in Berlin nicht über eine Änderung des Grundgesetzes einigen konnten, um bei der bisherigen Zusammenarbeit von Kommunen und Arbeitsagenturen bleiben zu können. »Es wäre im Interesse der Langzeitarbeitslosen die beste Lösung gewesen – und es ist sie noch immer.« Die Idee hinter der Kooperation war laut Koch, dass sich Menschen in Not nicht an zwei unterschiedliche Behörden wenden müssen – an eine für die berufliche Unterstützung und eine andere für Hilfen in der konkreten Lebenslage. »Dann beginnen zwei Behörden, so gut man sie auch koordiniert, miteinander in einen Wettbewerb zu treten. Dann schieben sie Menschen hin und her.« Koch hält eine Änderung des Grundgesetzes für realisierbar. »Es sind fast sechs Millionen Menschen, die in irgendeiner Weise in Deutschland davon betroffen sind.« Die hätten einen Anspruch, dass man sich mit ihnen beschäftigt.
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