Umweltschutz und Bürgerrechte

In den östlichen Bundesländern entstehen kontinuierlich neue Stiftungen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz meist geringen Kapitals gründen sich immer mehr Stiftungen in den neuen Bundesländern. Viele von ihnen initiieren Umweltprojekte oder wollen zivilgesellschaftliches Engagement stärken.

Im Osten gibt es im Verhältnis zur Bevölkerungszahl immer noch wesentlich weniger Stiftungen als in Westdeutschland. In den alten Bundesländern existieren 14 727, in den neuen, wenn man von Berlin absieht, lediglich 1042 Stiftungen. Vielen der neu gegründeten ostdeutschen Stiftungen mangelt es an Geld. Bei etwa 19 Prozent von ihnen übersteigt das Grundvermögen nicht einmal 50 000 Euro. Auch die »Michael-Succow-Stiftung zum Schutz der Natur« hat mit einem geringen Startkapital in Höhe von 100 000 D-Mark angefangen. »Michael Succow erhielt 1997 in Stockholm den Alternativen Nobelpreis. Mit dem Preisgeld gründete er dann zwei Jahre später die Umweltstiftung«, erzählt Stiftungssprecherin Friederike Badura-Wichtmann. Damals etablierte der emeritierte Greifswalder Professor für Biologie Michael Succow die erste gemeinnützige Naturstiftung bürgerlichen Rechts in den neuen Bundesländern. Inzwischen sind rund 50 ostdeutsche Stiftungen Umweltthemen gewidmet.

Seit ihrer Gründung ist die »Michael-Succow-Stiftung« gewachsen und konnte ihr Vermögen sogar vervierfachen. Sie initiiert Projekte unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Dort betreut sie Naturschutzgebiete, in denen »Wildnisinseln« entstehen, die sich ohne menschlichen Einfluss weiter entwickeln können. Zudem engagiert sich die Umweltstiftung in Staaten der ehemaligen Sowjetunion, wo nachhaltige Strukturen erhalten bleiben sollen, um nicht der Rohstoffausbeutung internationaler Konzerne zum Opfer fallen. »In Aserbaidschan wurde die Umsetzung eines Nationalparkprogramms vorangetrieben. In Weißrussland setzen wir uns für die Wiederherstellung und den Schutz von Mooren ein«, erklärt Badura-Wichtmann. Michael Succow hatte mit seinen Forschungen über Moore, die Senken für Kohlendioxid sind, großen Anteil daran, dass ihr Erhalt inzwischen als sehr wichtig für den Klimaschutz angesehen wird.

Nicht nur die Umweltstiftungen befinden sich in den letzten Jahren in den neuen Bundesländern im Aufwind. Seit der politischen Wende vor zwanzig Jahren setzen sich zahlreiche neu gegründete Stiftungen auch für eine Stärkung der Zivilgesellschaft ein. Dieses Ziel verfolgt auch die Stiftung »Friedliche Revolution«. Sie will an die Aktivitäten der Ende der achtziger Jahre in der DDR entstandenen zivilgesellschaftlichen Bündnisse, die für eine Demokratisierung des politischen Systems eintraten, anknüpfen. Die Stiftung stellte sich am 9. Oktober 2009 zum 20. Jahrestag der ersten Montagsdemonstration in Leipzig erstmals öffentlich vor. Zum Vorstand beziehungsweise Kuratorium der Stiftung gehören bekannte Bürgerrechtsaktivisten wie der evangelische Pfarrer Christian Führer, der Theologe Friedrich Schorlemmer sowie Grünen-Politiker Werner Schulz. Ein Motto der Stiftung ist: »Die Friedliche Revolution muss weitergehen.« Die Initiatoren wollen künftig friedliche Bürgerrechtsgruppen in verschiedenen autoritär regierten Ländern unterstützen.

Zudem will die Stiftung die Kritik an der bestehenden Weltwirtschaftsordnung stärken. Laut Stiftungscharta diene diese Ordnung nicht den Bedürfnissen der Menschen. »Dass die jetzige Wirtschaftsform nicht funktioniert, ist deutlich geworden. Dies wird auch immer mehr Menschen klar«, nimmt Michael Kölsch, stellvertretender Stiftungsvorsitzender und Stadtrat in Leipzig für Bündnis 90/Die Grünen, Bezug auf die derzeitige Wirtschaftskrise. »Die Frage nach einer demokratischen Wirtschaftsform ist jedoch sehr komplex und nicht einfach zu beantworten«, sagt Kölsch. Deshalb werde die Stiftung wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser Frage unterstützen.

Die Stiftung »Friedliche Revolution« ist eine von hunderten in den vergangenen Jahren neu gegründeten ostdeutschen Stiftungen. Zu Beginn der neunziger Jahre existierten in Ostdeutschland kaum Stiftungen, da in der DDR in den fünfziger Jahren etwa 90 Prozent der bestehenden Stiftungen aufgelöst wurden. Neugründungen wurden 1976 per Gesetz ausgeschlossen. Nun steigt die Anzahl ostdeutsche Stiftungen, wenn auch in wesentlich geringerem Maße als im Westen. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen zog zur Entwicklung in Ostdeutschland im Jahr 2008 eine durchaus positive Bilanz: In Sachsen, Brandenburg, Berlin und Thüringen konnte ein höherer Zuwachs als 2007 erreicht werden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.