Neue Niederlage für Präsident Karsai

Afghanisches Parlament lehnte in der zweiten Runde 10 von 17 Ministerkandidaten ab

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach einer weiteren Schlappe des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bei der Regierungsbildung wird sein Kabinett bei der internationalen Afghanistan-Konferenz in London in zwei Wochen noch immer nicht vollständig sein.

Kabul (dpa/ND). Das Parlament in Kabul ließ am Sonnabend 10 der 17 Ministerkandidaten von Karsai bei der Vertrauensabstimmung durchfallen. Immerhin brachte der Präsident seinen bisherigen Sicherheitsberater Salmai Rasul als neuen Außenminister durch. Bereits bei seinem ersten Anlauf vor zwei Wochen hatte Karsai eine Niederlage erlebt, als das Parlament gar 17 seiner 24 Kandidaten das Vertrauen verweigerte.

Präsidentensprecher Wahid Omar sagte am Sonntag, an diesem Montag würden die vom Parlament bestätigten Minister vereidigt. Die offenen Posten sollen von Übergangsministern besetzt werden. Nach dem Ende der am Montag beginnenden Parlamentsferien werde Karsai im Februar eine neue Kandidatenliste vorlegen. Damit wird das Kabinett bis zur Konferenz in London am 28. Januar unvollständig bleiben.

In einer Mitteilung von Präsident Karsai hieß es, er respektiere die Entscheidung des Parlaments. Er habe bei der Auswahl aller Kandidaten auf deren Eignung und auf »nationale Beteiligung« geachtet und bedauere, dass das »erwünschte Resultat« nicht erreicht worden sei.

Nur eine von drei vorgeschlagenen Frauen wurde bei dem Votum im Parlament bestätigt: Amena Afsali, die das Sozialministerium führen soll. Beobachter werteten das Ergebnis als weitere politische Niederlage für den Präsidenten, der die neue Regierung noch vor der Londoner Konferenz bilden wollte. Aber auch gegen mehrere der nach der ersten Niederlage aufgestellten neuen Kandidaten wurden bereits in den Anhörungen starke Bedenken der Abgeordneten laut. Einige seien noch unfähiger als die in der Vorrunde präsentierten Bewerber, hieß es. Sie verdankten ihre Nominierung allein politischen Verbindungen.

Karsai war drei Monate nach der von Betrug überschatteten Präsidentenwahl im November im Amt bestätigt worden. Er steht unter wachsendem Druck des Westens, gegen die weitverbreitete Korruption vorzugehen und sein vom Krieg zerrissenes Land acht Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes zu befrieden. Trotz der schwierigen Kabinettsbildung hat Karsai nun immerhin 14 Minister seiner geplanten 24-köpfigen Mannschaft bestätigt, darunter auch den Chef des Schlüsselressorts Verteidigung.

Ein Abgeordneter, der namentlich nicht genannt werden wollte, warf Karsai und seinen Unterstützern derweil vor, die Ablehnung bestimmter Kandidaten selber beeinflusst zu haben. Vor der Wahl habe der Präsident einigen Unterstützern Regierungsposten versprochen, die er eigentlich gar nicht im Kabinett haben wollte.

Der britische Außenminister David Miliband, der am Sonnabend in Kabul zu Besuch war, wandte sich gegen den Eindruck, die Lage in Afghanistan habe sich verschlechtert und die Ziele für die Londoner Konferenz seien zurückgesteckt worden.

»Das ist ein Land, wo die Mädchen zur Schule gehen können, wo die Kranken Hilfe erhalten können und wo Wahlen stattfinden können«, sagte Miliband. Die Lage sei »ohne jeden Zweifel« besser als vor sieben oder acht Jahren. Statt Staats- und Regierungschefs kommen zur Londoner Afghanistan-Konferenz in zwei Wochen nur die Außenminister, teilte Miliband mit. Man wolle über mehr Sicherheit, weniger Korruption und die Beziehungen zu Nachbarländern wie Pakistan sprechen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.