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Hoffnung in der Hölle
»Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd. Und der darauf saß, dessen Name war: Der Tod, und die Hölle folgte ihm nach.« Was die Offenbarung des Johannes beschreibt, scheint sich in diesen Tagen in irdische Realität zu verwandeln. Die Hölle von Haiti lässt viele Gläubige an der Existenz eines Gottes zweifeln, der angeblich allmächtig und allgütig ist. Dieses sogenannte Theodizee-Problem beschäftigt Theologen und Philosophen seit Jahrtausenden und wird auch jetzt nicht gelöst werden. Wichtiger und existenzieller als die Frage nach Gott ist indes die Frage nach den Menschen, nach ihren Handlungen, nach ihrem Zusammenhalt.
Die internationale Hilfsaktion, die dem Beben folgt, dominiert derzeit die Nachrichten der Medien. Ungeachtet der mit einer solch gigantischen Operation einhergehenden Schwierigkeiten und Pannen und ungeachtet auch der aus anderen Teilen der Welt natürlich nach wie vor einlaufenden Meldungen über Terror und Gewalt – Haiti zeigt, dass der Mensch eben nicht nur des Menschen Wolf ist, wie der Staatstheoretiker Thomas Hobbes einst schrieb und wie es sich in den Kriegs- und Krisengebieten oft darstellt. Menschen, Organisationen, Staaten helfen gemeinsam einem apokalyptisch heimgesuchten Volk. Dass Empathie und Hilfsbereitschaft in derartigem Ausmaß freigesetzt werden können, ist die Hoffnung in der Hölle. Die Hoffnung, dies sei auch ohne akute Katastrophen möglich.
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