Standpunkt

Hoffnung in der Hölle

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.

»Und ich sah, und siehe, ein fahles Pferd. Und der darauf saß, dessen Name war: Der Tod, und die Hölle folgte ihm nach.« Was die Offenbarung des Johannes beschreibt, scheint sich in diesen Tagen in irdische Realität zu verwandeln. Die Hölle von Haiti lässt viele Gläubige an der Existenz eines Gottes zweifeln, der angeblich allmächtig und allgütig ist. Dieses sogenannte Theodizee-Problem beschäftigt Theologen und Philosophen seit Jahrtausenden und wird auch jetzt nicht gelöst werden. Wichtiger und existenzieller als die Frage nach Gott ist indes die Frage nach den Menschen, nach ihren Handlungen, nach ihrem Zusammenhalt.

Die internationale Hilfsaktion, die dem Beben folgt, dominiert derzeit die Nachrichten der Medien. Ungeachtet der mit einer solch gigantischen Operation einhergehenden Schwierigkeiten und Pannen und ungeachtet auch der aus anderen Teilen der Welt natürlich nach wie vor einlaufenden Meldungen über Terror und Gewalt – Haiti zeigt, dass der Mensch eben nicht nur des Menschen Wolf ist, wie der Staatstheoretiker Thomas Hobbes einst schrieb und wie es sich in den Kriegs- und Krisengebieten oft darstellt. Menschen, Organisationen, Staaten helfen gemeinsam einem apokalyptisch heimgesuchten Volk. Dass Empathie und Hilfsbereitschaft in derartigem Ausmaß freigesetzt werden können, ist die Hoffnung in der Hölle. Die Hoffnung, dies sei auch ohne akute Katastrophen möglich.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.