Kuba verstärkt Hilfe für Haiti

An der Südküste des Inselstaates wurde ein weiteres Feldhospital eingerichtet

  • Enrique Torres (Prensa Latina), Jacmel
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor dem Saint-Michele-Krankenhaus in Jacmel an die Südküste Haitis stehen kanadische Soldaten. Die schwer bewaffneten Militärs kontrollieren den Eingang und mehrere Durchgänge des Hospitals. Außerhalb des Gebäudes haben Mitglieder der kubanischen Ärztemission ein Feldhospital aufgebaut, um den Opfern der Erdbebenkatastrophe zu helfen.
Geboren inmitten der Trümmerwüste der südhaitianischen Stadt Jacmel.
Geboren inmitten der Trümmerwüste der südhaitianischen Stadt Jacmel.

In der Nacht zum Freitag hat das Feldhospital seine Arbeit aufgenommen, nachdem es eilends, in einem Wettlauf gegen die anbrechende Nacht errichtet worden war. Es ist das zweite kubanische Lazarett in Haiti. Darüber hinaus sind kubanische Mediziner in mehr als zehn regulären Krankenhäusern des Landes tätig.

Vor dem Feldkrankenhaus bereitet sich der Arzt Daniel Loriet, Mitglied der medizinischen Hilfsbrigade »Henry Reeve« aus Kuba, auf seine Arbeit vor. Der Orthopäde hat lange Erfahrungen mit Hilfseinsätzen. Er war schon in Pakistan, Indonesien und Peru. Nach Loriets Angaben sind in Jacmel 25 kubanische Helfer im Einsatz. Viele von ihnen waren schon vor der Katastrophe im Lande. Nach dem Beben hatten sie erste Nothilfe geleistet.

Das neue Feldhospital verfügt über einen chirurgischen Saal und weitere Behandlungsräume, um dem Andrang der Hilfebedürftigen gerecht zu werden. In Jacmel an der Südküste Haitis sind die Verwüstungen besonders schwer. »Wir haben hier derzeit 30 Patienten, die auf orthopädische Eingriffe warten«, sagt Loriet im Interview mit Prensa Latina. Deswegen sei der Aufbau der Hilfsstrukturen dringend notwendig gewesen. Sein Team sei »zu allen notwendigen Eingriffen« bereit, über die Reihenfolge werde nach der Schwere der Fälle entschieden.

Vor dem Eingang des benachbarten Saint-Michele-Krankenhauses und im Inneren des Gebäudes sind kanadische Soldaten postiert. Lediglich der Bereich, in dem die kubanischen Ärzte arbeiten, kommt ohne diesen bewaffneten Beistand aus. Vor dem Erdbeben am Dienstag der vergangenen Woche waren in dem Haus ohnehin nur haitianische und kubanische Ärzte tätig. Seit der Katastrophe arbeiten Hilfsteams aus verschiedenen Staaten im Hospital, darunter die medizinisch-militärische Einheit aus Kanada. Um ihre Funktion auszuüben, heißt es, bedürfe sie des bewaffneten Schutzes.

Manche Patienten scheuen die Betreuung durch die Kanadier. Um in die Behandlungsräume zu gelangen, müssen sie die schwer bewaffneten Soldaten passieren, was nicht jedem angenehm ist. Vertretern von Prensa Latina und anderen Nachrichtenmedien wollten die Uniformierten den Zugang zum Krankenhaus zunächst verwehren. »Angesichts dieser Truppenpräsenz in einem Krankenhaus fühlen sich Patienten nicht mehr wie Patienten«, glaubt Daniel Loriet. Die militärische Besatzung schaffe ein Klima der Bedrohung. »Ein Patient benötigt medizinische Betreuung, keine Soldaten mit Gewehren und Messern«, sagt der Mediziner. Die einzigen sinnvollen Messer seien die Skalpelle im Operationssaal, mit denen Leben gerettet werden.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation sind in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince derweil 13 Krankenhäuser funktionsfähig. Die haitianischen Behörden beziffern die Zahl der Opfer des Erdbebens nach wie vor auf 100- bis 200 000. Gut 75 000 Todesopfer wurden bereits in Massengräbern beigesetzt.

Inmitten des Chaos versuchen sich die Überlebenden in Port-au-Prince zu organisieren. Die Wiederöffnung erster Bankfilialen und die Wiederaufnahme der Gasversorgung in Teilen der Hauptstadt sind erste schwache Anzeichen einer Erholung nach der Katastrophe. Nach den Worten des haitianischen Präsidenten René Préval befindet sich auch die Regierung in einem Prozess der Reorganisation. Ziel sei es, die internationale Hilfe bald wieder selbst zu koordinieren.

Dessen ungeachtet haben die USA eine weitere Verstärkung ihrer Truppen in Haiti angekündigt. Zu den knapp 12 000 bereits jetzt entsendeten Angehörigen der US-Armee sollen noch einmal 4000 Soldaten kommen.

Übersetzung: Harald Neuber

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