Timoschenko will ihre Niederlage nicht eingestehen

Wahlsieger Janukowitsch lässt an neuer Regierungskoalition basteln

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 2 Min.
In Kiew trafen am Dienstag immer neue Autobusse aus dem Osten der Ukraine ein: Die Anhänger des künftigen Präsidenten Viktor Janukowitsch wollen den Wahlsieg ihres Favoriten feiern – und wohl auch auf der Straße absichern. Denn Julia Timoschenko will das Wahlergebnis gerichtlich anfechten.

Die Zentrale Wahlkommission hatte bis Dienstag 15 Uhr Ortszeit 99,98 Prozent der elektronischen Abstimmungsprotokolle ausgezählt. Demnach lag Viktor Janukowitsch mit 48,96 Prozent der Stimmen uneinholbar vor Julia Timoschenko, die 45,47 Prozent der Wähler hinter sich hatte. 4,36 Prozent stimmten »gegen alle«. Für den Sieg genügt Janukowitsch die einfache Mehrheit.

Timoschenko war noch am Wahlabend abgetaucht, ohne sich zum Ergebnis zu äußern. Am Montagabend soll sie laut »Ukrainska Prawda« in einer Sitzung ihrer Fraktion BJUT jedoch erklärt haben: »Ich werde die Legitimität des Sieges von Janukowitsch bei solchen Wahlen niemals anerkennen.« Ihre Juristen sollten eine neuerliche Auszählung der Stimmen beantragen und die gerichtliche Anfechtung der Wahlen vorbereiten. Für den Abend war eine Presseerklärung angekündigt.

Alle internationalen Beobachter hatten der Stichwahl am Sonntag indes einen einwandfreien Verlauf bescheinigt. Janukowitschs Vorsprung beläuft sich auf rund 800 000 Stimmen, die Timoschenko nach Ansicht von Experten auch durch den Beweis von Unregelmäßigkeiten in einzelnen Wahllokalen nicht aufholen könnte.

Janukowitsch hatte seine Rivalin schon am Sonntagabend aufgefordert, auch vom Amt der Premierministerin zurückzutreten und den Weg zur Bildung einer neuen Regierung frei zu machen. Vertreter seiner Partei der Regionen (PdR), bisher in der Opposition, berichteten bereits von Gesprächen über die Bildung einer neuen Koalition. Der Block des Parlamentspräsidenten Wolodymyr Litwin, bislang in Koalition mit Timoschenko, zeigte sich zum Überlaufen bereit. Die PdR umwirbt aber auch die Fraktion »Unsere Ukraine – Selbstverteidigung des Volkes«, die den noch amtierenden Präsidenten Viktor Juschtschenko unterstützte. »Unsere Ukraine« stehe seiner Partei ideologisch näher als die Kommunisten, erläuterte der PdR-Abgeordnete Juri Miroschnitschenko am Dienstag. Die KPU lehnt den Eintritt in eine Koalition mit Juschtschenko-Parteigängern ab.

Die Ukraine werde erstmals einen Präsidenten aus dem Osten des Landes haben, stellte Alexander Rahr, Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, am Dienstag fest. Wenn Janukowitsch – wie erklärt – Präsident der ganzen Ukraine sein wolle, brauche er jedoch einen Regierungschef, der ihm den Westen des Landes sichert, wo er selbst nur wenige Anhänger hat. In Kiew wird derzeit Juri Jechanurow (»Unsere Ukraine«) hoch gehandelt. Er hatte Timoschenko im August 2005 schon einmal abgelöst und bis August 2006 als Premier fungiert. Auch der Drittplatzierte der ersten Wahlrunde, Sergej Tigipko, ist als Premier im Gespräch.

Während der russische Duma-Vorsitzende Boris Gryslow am Dienstagvormittag noch erklärt hatte, es sei zu früh, dem Wahlsieger in der Ukraine zu gratulieren, beglückwünschte Präsident Dmitri Medewedjew Janukowitsch am Nachmittag als erster Staatschef telefonisch zu seinem Erfolg.

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