Sponsoren drehen den Geldhahn zu

Überraschende Absagen an das Klavierfestival Ruhr – ausgerechnet im Kulturhauptstadtjahr

  • Rolf Schraa, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Der »Initiativkreis Ruhr« mit großen Konzernen als Sponsoren will die Förderung des Klavierfestivals Ruhr drastisch kürzen. Die Begründung: In der Krise müsse mehr Geld für die Bildung des Nachwuchses und die Forschungsförderung angelegt werden.

Essen. Wer die wirklich Großen am Klavier von Daniel Barenboim, Alfred Brendel und Martha Argerich bis Chick Corea live erleben will, kommt seit Jahren am Ruhrgebiet nicht vorbei: Das Klavierfestival Ruhr mit seinen rund 80 Konzerten gilt in der Fachwelt als weltweit führend. Dennoch will der »Initiativkreis Ruhr« mit den großen Industriekonzernen der Region als Sponsoren die Förderung drastisch zusammenstreichen. In der Krise müsse mehr Geld für Bildung des Nachwuchses und Forschungsförderung angelegt werden, meinen viele Bosse. Festival-Intendant Franz Xaver Ohnesorg muss sich künftig externe Förderer suchen, wenn er das Festival im bisherigen Umfang erhalten will.

Der Intendant lehnte ab

Die überraschende Absage an das renommierte Festival mitten im Kulturhauptstadtjahr hat auch persönliche Gründe. »Ohnesorg hat es einfach überrissen«, sagt ein Mitarbeiter aus dem »Initiativkreis Ruhr«. Während Mitgliedsfirmen wie RWE, ThyssenKrupp und Evonik teils Milliardenverluste und schmerzliche Sparprogramme vertreten mussten, habe Ohnesorg in den Diskussionen jede Kürzung für sein Festival abgelehnt. Der Initiativkreis fördert aber nicht nur die Musik, sondern ist unter anderem dabei, eine Internationale Schule im Ruhrgebiet zu gründen, engagiert sich für Lehrstellen für Hauptschüler und stiftet einen 50 000-Euro-Forschungspreis.

Für all das schrumpfte der Gesamtetat 2010 spürbar von insgesamt 3,1 im Vorjahr auf 2,6 Millionen Euro – nur das Klavierfestival erhält mit insgesamt rund 1,3 Millionen Euro auch 2010 praktisch den gleichen Betrag.

Mitte Dezember 2009 dann erklärte Evonik-Chef Klaus Engel: Der Initiativkreis bewege sich von seiner eigentlichen Kernaufgabe weg, das Ruhrgebiet für Investitionen attraktiv zu machen. Die »lokal mittlerweile durchaus anerkannten Musikveranstaltungen«, schrieb Engel, seien das »falsche Zeichen der Ruhrwirtschaft an die Menschen in der Region«.

Heftige interne Diskussionen und eine Sitzung des Führungsgremiums der Sponsoren folgten. Kritiker des Festivals im Sponsorenkreis verwiesen auf das kulturelle Großangebot in der Region mit allein sechs großen Theatern, zahlreiche Opern- und Musikhäusern, Ruhrfestspielen und Ruhrtriennale. »Noch mehr Kultur bringt uns nicht weiter, wir müssen die Jugendlichen ausbildungsfähig machen und brauchen mehr Patente«, fasst ein Initiativkreis-Mitarbeiter die Stimmung zusammen.

Ein neues Strukturmodell

Schließlich wurde eine gesichtswahrende Formel gefunden: Der Initiativkreis entwickele ein »neues Strukturmodell für das langjährig und international angesehene Erfolgsprojekt Klavierfestival Ruhr«, teilten die Sponsoren vergangene Woche offiziell mit. Ziel sei es, externe Sponsoren und weitere Förderer stärker einzubinden.

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