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Spaniens Regierung setzt auf Annäherung an Kuba

EU-Präsidentschaft bleibt jedoch bei Ziel des Wandels in Havanna

  • Harald Neuber, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
Die spanische EU-Ratspräsidentschaft sucht den Dialog mit Kuba. Widerstand gegen diese Linie kommt vor allem aus Brüssel selbst. Die Ziele der EU allerdings bleiben unverändert.

Es ist eine der schwersten Aufgaben des spanischen Außenministers Miguel Ángel Moratinos. Unter der EU-Präsidentschaft Madrids will er im ersten Halbjahr 2010 die von seinem Land lange angestrebte Annäherung an Kuba durchsetzen. Die Isolation der sozialistischen Staatsführung in Havanna habe »wenig befriedigende Ergebnisse« gebracht, heißt es zur Begründung aus Madrid. Stattdessen wollen sich die Spanier das Motto der Ostpolitik von Willy Brandt zu eigen machen: Wandel durch Annäherung, sprich: Dialog. In der vergangenen Woche empfing Moratinos in Madrid bereits kubanische Gesprächspartner. »Um Fortschritte in Menschenrechtsfragen auf Kuba zu erzielen, muss das gegenseitige Vertrauen gestärkt werden«, zitierte die spanische Presse Madrids Chefdiplomaten nach dem Treffen.

Der amtierende EU-Ratsvorsitzende Moratinos versucht mit Unterstützung von Ministerpräsident José Luis Zapatero zu heilen, was von dem ultrarechten Vorgängerregime unter José Maria Aznar beschädigt wurde. In Übereinstimmung mit exilkubanischen Aktivisten in den USA hatte der Politiker der Volkspartei 1996 die sogenannte Gemeinsame Position der EU gegenüber Kuba entwickelt. Zentraler Bestandteil des Dokumentes ist – ähnlich der völkerrechtswidrigen US-Blockadepolitik – die Forderung nach einem Systemwechsel in Kuba. Heute ist das Papier nur noch hinderlich: In den vergangenen Monaten verging kaum eine Sitzung der beiden Lateinamerika-Arbeitsgruppen beim EU-Rat ohne handfeste Diskussionen über die »Gemeinsame Position«. Von Kuba ist das Dokument stets abgelehnt worden.

Dennoch ging die Regierung in Havanna zuletzt auf die Europäische Union zu. Fünf Regierungsgegner wurden in den vergangenen Wochen aus der Haft entlassen, unter ihnen der erkrankte Francisco Herodes Díaz, der seit 1990 wegen Terrorismus eine Haftstrafe verbüßte. Bei den Gesprächen in Madrid sprach Moratinos auch das Thema der Menschenrechte an. Allerdings wird der Annäherungskurs durch den Tod des Inhaftierten Regierungsgegners Orlando Zapata überschattet, der Mitte der Woche an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben ist. Spanische Medien, die den Kurs der sozialistischen Regierung zuvor schon mit Argwohn verfolgt haben, berichten seit Tagen auf den ersten Seiten über Zapata. Die EU nahm den Todesfall zum Anlass, um Havanna »zur Achtung der Menschenrechte und zur Freilassung aller politischen Gefangenen« aufzurufen.

In der emotional geführten Debatte gerät schnell außer Sicht, dass auch Spaniens Linie eine Änderung der politischen Machtverhältnisse in dem sozialistischen Inselstaat zum Ziel hat. Nur ein Dialog erlaube es, über Themen wie »politische Gefangene« oder die »Einschränkung bürgerlicher Freiheiten« zu sprechen, verteidigte Spaniens Außenminister die Kuba-Politik Madrids Ende vergangener Woche gegenüber Kritikern aus den übrigen EU-Staaten. Unter diesen befindet sich auch die deutsche Regierung. Nach Informationen aus diplomatischen Kreisen hatte ein Abteilungsleiter der deutschen Botschaft im Dezember, mutmaßlich auf Weisung Berlins, an einer Demonstration von Regierungsgegnern in Havanna teilgenommen. Kubas Führung protestierte energisch gegen diese Verletzung diplomatischer Normen.

Geschickter als Berlin reagieren die Vertreter Washingtons auf die angestrebte Veränderung der europäischen Kuba-Politik. Ein solcher Wechsel werde von der Regierung Barack Obamas »nicht notwendigerweise positiv« gesehen, erklärte der Lateinamerika-Beauftragte der USA-Regierung, Arturo Valenzuela. Das abschließende Urteil Washingtons hänge aber davon ab, »auf welche Weise die Gemeinsame Position der EU verändert werden soll«. Eine vergleichsweise verhaltene Reaktion, die einen Rückschluss zulässt: In Madrid und Washington stellt sich langsam die Erkenntnis ein, dass die Isolationspolitik der vergangenen Jahre an der regionalen Integration Kubas scheitert.

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