Großrazzia gegen Migrantenverein
Mutmaßliche Funktionäre der marxistisch-leninistischen DHKP-C in Haft
Alaattin A. (35) und Ünalkaplan D. (27), sollen laut Bundesanwaltschaft in die Strukturen der Europaorganisation der DHKP-C eingebunden gewesen sein und als professionelle Kader Aufgaben für diese übernommen haben. A. wird beschuldigt, von November 2008 bis Anfang Februar 2009 Deutschlandverantwortlicher der DHKP-C gewesen zu sein, eine Spendenkampagne koordiniert und den Geldfluss ins Ausland organisiert zu haben. Der jüngere D. soll von November 2008 bis Oktober 2009 Gebietsverantwortlicher für Köln, später Westfalen gewesen sein. Ihm wird zudem schwere räuberische Erpressung vorgeworfen.
Die EU führt die marxistisch-leninistische DHKP-C auf ihrer Terrorliste. Grundlage für die Strafverfolgung in Deutschland bildet der »Anti-Terror-Paragraph« 129b, der es möglich macht, dass auf deutschem Staatsgebiet auch solche als kriminell und terroristisch geltende Organisationen verfolgt werden können, die ausschließlich vom Ausland aus agieren.
Bei der Großrazzia am Mittwoch wurden insgesamt sieben Objekte in Nordrhein-Westfalen durchsucht, darunter ein Vereinsheim. Dabei handelt es sich vermutlich um das Zentralbüro der Anatolischen Föderation (AF) in Wuppertal. Die AF ist ein Dachverband von in der Migrantenarbeit tätigen Vereinen und unterhält Vereinslokale und Kulturzentren in vielen deutschen Städten. Die Organisation ist zudem in politische Kämpfe involviert, etwa gegen Hartz IV oder rassistische Ausländergesetze. Als Teil linker, türkischer Exilstrukturen in Deutschland beteiligt sich die AF ebenso an Kämpfen gegen Repression und politische Gefangenschaft in Deutschland und in der Türkei.
Bevor die Namen der Verhafteten am Donnerstag bekannt geworden waren, hatte die AF in einer Pressemitteilung von großangelegten Durchsuchungen in Vereinsräumen und Privatwohnungen von Mitgliedern berichtet. »Die deutsche Justiz und Polizei müssen endlich aufhören, als verlängerter Arm des Folterstaates Türkei zu agieren«, hatte die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (LINKE) dazu erklärt. Die Untersuchungen hatten sich offenbar auch gegen Personen gerichtet, die in den Tagen zuvor gegen die drohende Auslieferung des vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ebenfalls nach Paragraf 129 b angeklagten politischen Gefangenen Faruk Ereren an die Türkei protestiert hatten. Während die Bundesregierung grünes Licht für weitere Waffenlieferungen an die türkische Armee gebe, würden »hier in Deutschland diejenigen kriminalisiert, die sich als Flüchtlinge und Migranten gegen Folter und Unterdrückung in der Türkei engagieren«, kritisierte Jelpke. Den in Deutschland lebenden türkischen und kurdischen Migranten müsse es dagegen erlaubt sein, »auf demokratische Weise politisch aktiv zu sein«, forderte sie.
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