Thor und Freja bringen Brown in Gefahr

Islands Asagläubige feiern nach 1000 Jahren ihre Auferstehung

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 3 Min.

Thor und Freja machen Brown und Balkenende das Leben schwer. Ein Jahrtausend nach der offiziellen Bekehrung zum Christentum feiern Islands Asagläubige ihren größten Triumph.

Hilmar Örn Hilmarsson erklärte in der vorigen Woche den Zuschauern des isländischen Fernsehens, warum Gordon Brown Gefahr läuft, die Regierungsmacht zu verlieren, die holländische Regierung zurücktreten musste und Europa einen kalten Winter erlebt. »Wir haben im Dezember 2008 die Beschützer Islands, den Bullen, den Drachen, den Riesen und den Adler, beschworen, unser Land zu beschützen und unsere Feinde zu schädigen. Jetzt funktioniert ist.« Befragt, warum die Beschwörung so lange dauerte, bis sie wirkte, hatte Hilmarsson eine Erklärung: »In alten Zeiten glaubten die Leute, dass ein Zauber erst um einen See herum musste, bevor er wirkte. Ich glaube, dass es in diesem Fall der Atlantik war.«

Hilmarsson ist kein Irgendwer in Island, sondern der Gode, also Hohepriester der Asagläubigen. Seine Glaubensgemeinschaft zählt wenigstens 1000 Menschen aller Alters- und Berufsklassen und führt ihre Wurzeln zurück auf den Asaglauben, dem auch die Wikinger folgten.

Im Jahr 1000 fasste der Althingi, das am längsten bestehende Parlament der Welt, den Beschluss, dass die Isländer zum Christentum übertreten würden. Zum Althingi versammelten sich jährlich auf den Wiesen von Thingvellir alle freien Männer Islands. Die Christen unter ihnen waren zu diesem Zeitpunkt noch eine Minderheit, während die Mehrzahl sich zur Wikingerreligion bekannten und Thor, Freja, Odin, Balder usw. huldigten. Doch die Männer hatten erkannt, dass der Übertritt zu Europas wichtigster Religion notwendig war, wollte man als Händler Marktzugang haben und gewaltsame Bekehrung durch die norwegischen Könige vermeiden. Ein Hintertürchen ließen sie sich aber doch bei ihrem pragmatischen Beschluss: In aller Heimlichkeit durfte man den alten Göttern weiter anhängen, denn man könnte sie ja erzürnen, falls man ihnen so abrupt den Rücken kehrte. Dadurch bewahrte sich die Vorstellungswelt der Wikinger und konnte über 200 Jahre später durch den Skalden Snorri Sturluson mit den Eddas aufgezeichnet werden.

Snorri konnte nicht ahnen, dass seine Arbeit im 20. Jahrhundert die Wiedergeburt der Asenreligion ermöglichen würde. Ihre Anhänger suchten andere religiöse Antworten als das Christentum geben konnte und richteten den Blick zurück in die Vergangenheit auf die Religion der Vorfahren. 1972 gründeten sie offiziell ihre Glaubensgemeinschaft, die im Folgejahr offiziell durch die isländischen Behörden anerkannt wurde. Damit erhielten sie das Recht, Geburten, Hochzeiten, Beerdigungen usw. rechtskräftig zu beurkunden. Die wichtigsten Feiertage sind mit dem Lauf der Sonne verbunden und werden in Thingvellir gefeiert. Der Asenglaube ist polytheistisch, in dem die Götter in der Regel einen Chef haben, aber ansonsten verantwortlich sind für ihr Ressort. Dadurch ist eine Toleranz eingebaut, die Religionskriege ausschließt.

Dem isländischen Beispiel folgend gründeten die Anhänger des Asaglaubens in den letzten Jahren auch wieder Gemeinschaften in Norwegen, Schweden und Dänemark und bekamen dort ebenfalls die staatliche Anerkennung.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.