Mit Mut zur Plastik

Parchim will Bilderstürmern nicht nachgeben

  • Velten Schäfer, Schwerin
  • Lesedauer: 2 Min.
Schon vier der zehn Skulpturen, die in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) in der Innenstadt stehen, wurden heimlich erheblich beschädigt. Nun hat es ausgerechnet die Plastik »Courage« getroffen, die vor dem Vergessen und Verdrängen warnt.
»Korso der Skulpturen« mag eine etwas großartige Bezeichnung für die zehn Plastiken sein, die seit einem Jahr den öffentlichen Raum in der mecklenburgischen Kreisstadt Parchim verzieren. Doch das Projekt war gewissermaßen auf Wachstum ausgelegt: Als die Statuen im April vergangenes Jahr als Seitenprojekt zur Schweriner Bundesgartenschau aufgestellt wurden, sprachen Parchims Bürgermeister Bernd Rolly und der Initiator, Wolfgang Vogt aus Pampin, von einer künftigen »Kulturstadt«. Initiative war seinerzeit auch geboten, denn zu diesem Zeitpunkt stand das Parchimer Theater vor dem Ende als eigenständige Spielstätte.

Rabiate Minderheit

Doch es gibt in der Stadt offenbar eine rabiate Minderheit, die auf öffentliche Kunst aggressiv reagiert. Bereits drei Mal kam es zu nächtlichem Vandalismus gegen ausgestellte Kunstwerke. Im vergangenen Jahr waren die Skulpturen »Stelencorso« und »Die Bindung« der in Berlin lebenden Bildhauerin Christine Dewerny sowie die Skulptur »Drei Königshäsinnen und die Meute« von Thomas Zadeloff zum Ziel nächtlicher Attacken geworden.

Offenbar am Sonntagabend traf es nun »Core«, die Frauenfigur aus der Plastik »Courage« des Crivitzer Künstlers Wieland Schmiedel, Träger des Landeskulturpreises von Mecklenburg-Vorpommern.

Nun macht sich Parchim Mut. Eckhard Büsch etwa, Chef der SPD-Stadtfraktion, verbreitet einen offenen Brief: »Diese wiederholten, verabscheuungswürdigen Taten Einzelner dürfen und werden nicht dazu führen, dass engagierte Mitbürger, Vereine und Kommunalpolitiker gemeinsam mit Künstlern nachlassen werden, den Parchimern und ihren Gästen auch in Zukunft vielfältige Kunsterlebnisse zu bieten.« Die Stadt habe ein »mutiges Zeichen« gesetzt, »darstellende Kunst nicht nur in Museen und Galerien zu präsentieren«. Davon werde man sich nicht abbringen lassen, so der Sozialdemokrat Büsch.

Skulpturen mit Aussage

Ein Einzeltäter? Organisierte Aktionen? Spontane »Mutproben«? Die polizeilichen Ermittlungen kommen nicht voran. Schmiedels »Courage« hat allerdings einen politischen Hintergrund: Der Künstler wollte »gefährliche Tendenzen zu Gewalt und Extremismus, zum Wegschauen und Verdrängen unserer Vergangenheit« ansprechen. Dem Corso-Initiator Wolfgang Vogt, Professor für Friedensforschung an der Universität Marburg, wird man sicherlich einen linksliberalen Hintergrund nachsagen können – aber liegt darin wirklich das Motiv für die nächtlichen Attacken?

Einstweilen rätselt Parchim weiter über die Kunstvandalen. Immerhin aber hat das Theater der Stadt die Großreform der Bühnenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern einstweilen überlebt. Am 17. April hat dort »Frau Müller muss weg« Premiere.

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