Signale

München: Ed Ruscha

  • Barbara Reitter
  • Lesedauer: 1 Min.
FAT BOY« prangt in dynamischer Diagonale über einem gesichtslosen Gebäude – ganz so, als würde man dieses Schild nur kurz aus dem Augenwinkel wahrnehmen, während man auf dem Highway vorbeirast. »BABY JET« ist quer über ein grandioses Bergpanorama geschrieben, das aus dem Vorspann eines Paramount-Films zu stammen scheint. Doch diese beiden Schriftbilder des amerikanischen Künstlers Ed Ruscha (Jg. 1937) in der Retrospektive in München sind lediglich typische Beispiele aus dem insgesamt sehr inhomogenen Werk des Malers, der zwar international hoch gehandelt wird, in Deutschland als Vertreter der Pop-Art jedoch längst nicht so populär ist wie Andy Warhol oder Roy Lichtenstein.

Eines jedoch scheint sich bei Ed Ruscha durch 50 Jahre Malerei durchzuziehen: sein Faible für Buchstaben, sein Arbeiten nach fotografischen Vorlagen und eine coole Übersteigerung der Reklamewelt ins plakativ Signalhafte. Der Künstler fixiert seine Motive aus der alltäglichen amerikanischen Waren- und Werbewelt, aus Alltagskultur, Comics und Hollywood-Filmen in perfektem Fotorealismus – schließlich lebt er schon jahrzehntelang in Los Angeles. Technisch raffiniert ironisiert Ruscha den Kommerz der Werbe-Emblematik, indem er seine signethaften Worte auf der Leinwand isoliert und sie somit mit neuer Bedeutung auflädt. Dabei tritt häufig die Landschaft zurück, so dass die Zeichen selbst zu abstrakten Gegenständen werden.

Die Auswahl der Ausstellung fasst repräsentativ sämtliche Schaffensperioden: von frühen großformatigen Gemälden, in denen Worte wie malerische Objekte behandelt werden, über Kompositionen aus der Vogelperspektive gesehen bis zu einer Serie, in der banale Gegenstände wie ein Glas Milch in seine Bestandteile zerlegt sind. Nachdem Ruscha Ölfarbe und Pinsel in den 60ern beiseite gelegt hatte, experimentierte er mit Materialien wie Blut, Eidotter oder Kaffee, bis er in den 80er Jahren zu seinem geheimnisvollsten Zyklus kam: auf schwarz-grauen Silhouettenbildern sieht man amerikanische Klischees wie Siedler-Trecks oder nostalgische Vorstadthäuser.

Ed Ruscha. 50 Jahre Malerei. Haus der Kunst, München, bis 2. Mai

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