Letztes AKW 2050 vom Netz?

Kritik an Atompolitik der Regierung / Gorleben-Ausschuss eingesetzt

  • Lesedauer: 2 Min.
Auf heftige Kritik sind Pläne der Bundesregierung gestoßen, eine Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke um 28 Jahre auf eine Gesamtlaufzeit von bis zu 60 Jahren zu prüfen. Der Bundestag beschloss am Freitag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu Gorleben als möglichem Atommüll-Endlager.

Berlin (AFP/ND). Die Bundesregierung will vier Szenarien für eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten um vier, zwölf, 20 oder 28 Jahre im Vergleich zum geltenden Recht durchrechnen, wie Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans am Freitag bestätigte. Darauf habe sich Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) verständigt. Bislang geht das Atomgesetz von rechnerischen AKW-Laufzeiten von 32 Jahren aus.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sprach von bloßen »Rechenmodellen«, aus denen sich »keine Präferenz für tatsächliche Laufzeitverlängerungen« ableiten lasse. Darüber werde die Bundesregierung erst im Rahmen ihres für den Herbst angekündigten energiepolitischen Konzepts entscheiden. Die Variante einer Laufzeitverlängerung um 28 auf 60 Jahre, die Röttgen zunächst nicht hatte durchrechnen wollen, wurde auf Wunsch der CDU/CSU in das Verfahren aufgenommen. Sie würde bedeuten, dass das letzte Atomkraftwerk ungefähr im Jahr 2050 vom Netz ginge.

Die Grünen warfen Röttgen eine Rückkehr zur Atompolitik der 80er Jahre vor. »Eine Laufzeitverlängerung um 20 oder 28 Jahre auch nur ins Auge zu fassen, ist sicherheitspolitisch unverantwortlich«, sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn der »Saarbrücker Zeitung«. Der SPD-Chef und Ex-Umweltminister Sigmar Gabriel erklärte, eine Laufzeitverlängerung auf 60 Jahre bereite ihm »Angst«. Scharfe Kritik kam von Umweltverbänden und Initiativen der Atomkraftgegner. Sie kündigten für den 24. April Massenproteste an.

Der Gorleben-Untersuchungsausschuss soll auf Antrag von SPD, LINKEN und Grünen prüfen, ob die Entscheidung, allein Gorleben als Standort für ein atomares Endlager zu erkunden, nach fachlichen Erwägungen erfolgt ist oder aufgrund einer politischen Vorfestlegung. Hintergrund sind Vorwürfe, wonach 1983 die damalige Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) Einfluss auf wissenschaftliche Expertisen zu Gorleben genommen hat. Dabei geht es besonders um mögliche Gefahren durch ein Einsickern von Grundwasser. Redner von SPD und Grünen bekräftigten im Bundestag die Manipulationsvorwürfe. Sebastian Edathy (SPD) zitierte dazu ein Telex des damaligen Forschungsministers Heinz Riesenhuber (CDU) an die Physikalisch-Technische Bundesanstalt.

Die Erkundung des Salzstocks Gorleben war im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung für zehn Jahre unterbrochen worden. Sie soll nun nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition wieder aufgenommen werden. Die Oppositionsparteien dringen auf ein ergebnisoffenes Verfahren, das auch Alternativen zu Gorleben einbezieht.

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