Bewegung zum Sozialismus verpasst in Bolivien den großen Sprung

Regierungspartei gewinnt Regionalwahlen, verliert aber in La Paz und wichtigen Provinzen

  • Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch wenn der große Wurf am Ende ausgeblieben ist, Boliviens Regierungspartei »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) hat die Regionalwahlen am Sonntag für sich entschieden.

Der glatte Durchmarsch der Bewegung zum Sozialismus (MAS) blieb aus, am klaren Sieg ändert das nichts. Ersten Hochrechnungen am Wahlabend zufolge stellt die Partei von Präsident Evo Morales erstmalig sechs der neun Departamento-Präfekten. Erstmals auch werden in den kommenden fünf Jahren drei von zehn Rathäusern der wichtigsten Städte des Landes von MAS-Politikern kontrolliert.

In einer ersten Pressekonferenz am Sonntag zog Morales Bilanz. In jeder Wahl habe man bisher Zuwächse verzeichnen können. Bei der ersten Wahl 1997 nach der MAS-Gründung vor 15 Jahren wurden »3,9 Prozent, 2002 dann 20 Prozent, 2005 ganze 54 Prozent und 2009 schließlich mehr als 64 Prozent erreicht«, hob Morales die »historische Bedeutung« seiner Partei auf nationaler Ebene hervor. Auch regional sei der stetig wachsende Einfluss eindeutig. »Bei den Kommunalwahlen 2004 wurden wir mit 18 Prozent die erste politische Kraft im Land und gewannen vor allem auf dem Land viele Rathäuser, allerdings keine einzige in den wichtigsten Städten Boliviens«, so der Staatschef. Ein bitterer Beigeschmack bleibt auch 2010. Ely Salguero von der MAS verfehlte das Bürgermeisteramt in der symbolträchtigen Andenhauptstadt La Paz knapp gegen den Kandidaten der MAS-Alliierten »Bewegung ohne Angst« (MSM). In der Millionen-Armenstadt El Alto setzte sich ein linker Politiker ohne MAS-Parteibuch durch, in Cochabamba gewann die MAS knapp.

Auch wenn die MAS in den Departamentos ihre Vormachtstellung ausbauen konnte, der erhoffte Durchmarsch in den regierungsfeindlich kontrollierten Tiefland-Departamentos Santa Cruz, Tarija und Beni wurde verfehlt. Beim Urnengang am Ostersonntag, bei denen gut 5 Millionen Stimmberechtigte zur Wahl ihres politischen Personals auf regionaler und kommunaler Ebene aufgerufen waren, hatte eine nervöse Opposition Stimmung gemacht und vor der »uneingeschränkten Dominanz der MAS« und einer »kommunistischen Diktatur« gewarnt. Politiker der Morales-Administration hingegen hatten auf einen »großen Sprung« gehofft.

Offenbar hat die regional und personell zersplitterte Opposition wider manchen Erwartungen überlebt. Vorläufige Hochrechnungen sehen Morales-Widersacher Rubén Costas als alten und neuen Präfekten des Tiefland-Departamentos Santa Cruz. Auch der Sessel des Bürgermeisteramtes der gleichnamigen Departamento-Metropole wird nicht neu vergeben und bleibt in Händen der rechten Oligarchie. Das gleiche Bild zeichnet sich in Tarija ab, wo der Konservative Mario Cossío weiterhin die Geschicke der erdgasreichsten Region Boliviens lenken wird. In Beni an der Grenze zu Brasilien konnte die Dominanz der mächtigen Viehzuchtclans trotz massivem und teurem Wahlkampf ebenfalls nicht aufgebrochen werden, auch wenn die MAS hier die allseits beliebte Miss Bolivien Jessica Jordan ins Rennen schickte. Ungewiss bleibt der Wahlausgang in Pando, wo sich Regierung und Opposition ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Vom Hochland sind keine Überraschungsmeldungen zu vermelden. Wie erwartet gewannen in Oruro, La Paz, Potosí, Cochabamba und Chuquisaca die Sozialisten.

Allen Unkenrufen der konservativen Massenmedien zum Trotz, die der MAS einen »herben Rückschlag« unterjubeln wollten, hat sich die politische Landkarte weiter nach links verschoben. Mit dem sechsten Wahlsieg in Folge konnten die Sozialisten ihren Einfluss auch auf die unteren Verwaltungsebenen ausweiten. Die wachsende MAS-Macht fußt nicht allein auf der verarmten Landbevölkerung, auch Hunderttausende von Landflüchtigen setzen auf das Bündnis der Morales-Administration. Angesichts des in La Paz und Oruro erstarkten Bündnispartners MSM dürfte die Regierungspartei jedoch einsehen, dass sie in Zukunft stärker auf ihre Partner eingehen muss. In einem zeitweise »schmutzigen Wahlkampf« war es immer wieder zu Spannungen unter den Alliierten gekommen. Diese mangelnde Geschlossenheit dürfte unentschiedene Wähler eher in Richtung Opposition getrieben haben.

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