Zweiter Uferkrieg in Potsdam

Anwohner sperren Weg am Groß Glienicker See

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor einem halben Jahr sorgten Anwohner des Potsdamer Griebnitzsees für Schlagzeilen, als sie den Uferweg für die Öffentlichkeit sperrten. Wer damals von einem Präzedenzfall sprach, der dürfte sich inzwischen bestätigt sehen. Seit einigen Tagen hat Potsdam seinen zweiten offenen Uferstreit, diesmal am Groß Glienicker See. Und dieser wird mit immer rabiateren Mitteln geführt. Dabei liegt für den Bereich ein bestätigter Bebauungsplan vor, in dem der Weg als ein öffentlicher Weg ausgewiesen ist.

Gut eine Woche ist es her, da wurden Spaziergänger am Groß Glienicker See überrascht von eiligst errichteten Zäunen, Anpflanzungen und Wachpersonal, die ihnen den Weg versperrten. Der Uferweg am Groß Glienicker See diente einstmals als Postenweg für die DDR-Grenztruppen an der Berliner Mauer – ebenso wie der Uferweg am Potsdamer Griebnitzsee, dessen Sperrung überregional für Schlagzeilen sorgte. Als die Mauer fiel, wurden beide Wege frei zugänglich. Aber inzwischen erheben sich dort viele kleine Mauern, und sie scheinen jeden Tag ein Stück zu wachsen.

Viele bummelten hier entlang, denn die beiden Seen zählen zu den attraktivsten Gegenden in der Landeshauptstadt. Das allerdings sah ein Teil der betuchten Anwohner nicht gern. Die von ihnen erworbenen Grundstücke reichen bis an den See heran. Und folglich könne nicht jeder da herumlaufen, so die Argumentation. Am Griebnitzsee wurden mit radikalen Sperrungen vollendete Tatsachen geschaffen, nun passierte dasselbe auch in Groß Glienicke.

Kaufangebote der Stadt

Vorausgegangen sind jahrelange juristische Auseinandersetzungen zwischen der Stadtverwaltung und den Anrainern. Die Stadt wollte und will die Begehbarkeit des Wanderweges sichern und suchte die Übereinkunft mit den Eigentümern.

Weil diese Bestrebungen durch die Sperrungen gegenstandslos geworden sind, wurde nun laut Bürgermeister Burkhard Exner der erste Schritt hin zu einem formellen Enteignungsverfahren gemacht. Jene acht Anrainer, welche die Verhandlungen mit der Stadt für »final beendet« erklärt hatten, haben ein Kaufangebot für Uferareale erhalten. Sollte der Verkauf verweigert werden, werde die Stadt beim Innenministerium den Antrag einreichen, »das Eigentum zu entziehen«. Herr im Innenministerium ist inzwischen nicht mehr Jörg Schönbohm (CDU), dem der Gedanke an Enteignungen nicht gefiel, sondern Rainer Speer (SPD).

Am Griebnitzsee und auch am Groß Glienicker See sperren sich keineswegs sämtliche Anrainer gegen die öffentliche Nutzung der Wege, betont Rechtsanwalt Uwe Graupeter, der in dieser Angelegenheit die Stadt Potsdam vertritt. Es könne immer noch von einer kooperationsbereiten Mehrheit ausgegangen werden, sagt Graupeter.

Die Proteste entluden sich inzwischen auch handreiflich. Ein 72-jähriger Berliner hat vier Strafanzeigen am Hals, weil er der Polizei entfliehen wollte und sich der Festnahme heftig widersetzte. Ihm wird vorgeworfen, einen Stein auf einen Wachmann geworfen zu haben, der von den Grundstückseigentümern angeheuert worden ist. Auch gibt es weitere Berliner Tatverdächtige, denen zur Last gelegt wird, eingegriffen zu haben. Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung sind eingegangen.

Zwangsgelder angekündigt

Für Empörung sorgten Äußerungen des Anwalts der sperrenden Anrainer, Christoph Partsch. Er warf der Polizei vor, wie zur Zeit des Faschismus bei Übergriffen lange untätig geblieben zu sein. Außerdem warf er dem Bürgermeister Exner und dem Stadtverordneten Andreas Menzel (Grüne) vor, sie hätten »den Mob« aktiviert.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte, er unterstützte den Polizeipräsidenten Rainer Kann, der rechtliche Schritte gegen diese Anmaßung angekündigt hatte. Jakobs verurteilte »geistige Brandstiftung«, mahnte jedoch, friedlich zu protestieren. Er plädierte erneut für einen freien Uferweg am Groß Glienicker See. Als nächste Maßnahme werde gegen diejenigen Anwohner, die den Weg gesperrt haben, ein Zwangsgeld verhängt. »Weitere Maßnahmen sollen folgen, falls die Sperren nicht beseitigt werden.«

Nichtsdestotrotz sucht der Oberbürgermeister nach einer gütlichen Einigung mit denen, die zu Verhandlungen bereit sind. »Uns geht es vornehmlich darum, eine einvernehmliche Lösung mit den Anwohnern zu finden, um den Uferweg freizuhalten«, sagte Oberbürgermeister Jakobs.

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