Leseprobe

Iran ist anders

  • Lesedauer: 2 Min.

Westliche Touristen, Geschäftsleute, Diplomaten oder Journalisten, die zum ersten Mal nach Iran fahren, haben vermutlich eines gemeinsam. Sie alle sind in ihrer direkten Umgebung auf stilles Unverständnis gestoßen, vermischt mit einer Prise Bewunderung. »Ausgerechnet jetzt!«, haben sie hören müssen oder: »Das ist aber mutig, doch warum, um alles in der Welt, willst du nach Iran fahren?« Ratschläge, eine Versicherung gegen Entführungen abzuschließen oder doch zumindest einige Koransuren auswendig zu lernen, haben sie sich anhören müssen und die Bitte, sich regelmäßig bei der Botschaft in Teheran zu melden, so diese nicht schon längst von bärtigen Revolutionswächtern besetzt sein sollte. Eines wird dem Iranreisenden dabei bald klar: Das im Westen vorherrschende Iranbild verleiht jeder Iranreise fast schon die Aura eines Himmelfahrtkommandos.

Und dann die Wirklichkeit. Im ersten Anlauf will sich das im Westen vorherrschende Bild ganz und gar nicht bestätigen. Die Iranerinnen und Iraner sind alles andere als griesgrämig, sondern dem ausländischen Gast gegenüber ausgesprochen höflich, obwol sie nach dem im Westen vorherrschenden Verständnis nun wirklich gar nichts zu lachen haben. Die Frauen zum Beispiel. Im westlich geprägten Bild sind sie die wirklichen Opfer der Geschichte, da sie sich pausenlos verschleiern müssen. In Teheran trifft man aber auf selbstsichere Studentinnen und Geschäftsfrauen, die sich gar nichts mehr sagen lassen von ihren Männern.

Manche Touristinnen und Touristen hören spätestens da auf, sich zu wundern, schließen kurz und bündig, dass die Medien zuhause ein falsches Bild vermitteln. Sie vertreten ab sofort mit Überzeugung die Meinung, Iran ist anders, als es der Westen wahrhaben möchte. Das stimmt und ist doch nicht die ganze Wahrheit.

Aus dem Buch von Werner van Gent und Antonia Bertschinger »Iran ist anders. Hinter den Kulissen des Gottesstaates« (Rotpunktverlag, 265 S., br., 24 € ).

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