Gewerkschaft gegen Röslers Rezepte

Bündnis »Köpfe gegen Kopfpauschale« will solidarische Krankenversicherung erhalten

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.
Kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen will der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dazu mobilisieren, den von FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler geplanten Umbau des Gesundheitssystems zu verhindern. Gestern stellte er in Berlin das Bündnis für ein gerechtes Gesundheitswesen vor.

»Köpfe gegen Kopfpauschale« heißt die Initiative des DGB, der sich Arbeiterwohlfahrt, Volkssolidarität, Frauenrat, Bundesjugendring, campact, katholische Arbeitnehmerbewegung, demokratische Ärztinnen und Ärzte sowie zahlreiche weitere Organisationen angeschlossen haben. Auch prominente Häupter wie die Kabarettisten Dieter Hildebrandt und Lothar Dombrowski alias Georg Schramm, der Schriftsteller Günter Wallraff, die Publizistin Lea Rosh und der Theologe Friedrich Schorlemmer gehören dazu. Gestern präsentierte sich das Bündnis in Berlin: »Wir sind parteiunabhängig, wir suchen Kooperation mit allen«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Sie bezifferte das Potenzial der vertretenen Personen auf 25 Millionen. Ziel sei es, die Bundesregierung davon abzubringen, »mit der Kopfpauschale durch die Wand zu wollen«. In den nächsten Monaten solle aus breiter gesellschaftlicher Ablehnung der Röslerschen Pauschale eine aktive Bürgerbewegung werden.

Ungerecht seien die Pläne, weil die Versicherten künftig alle Kostensteigerungen allein tragen müssten. Eine Verkäuferin oder ein Rentner müssten das Gleiche zahlen wie ein gut verdienender Abteilungsleiter. Bei einem Monatseinkommen von 1000 Euro, rechneten die Gewerkschafter aus, wäre mit Beitragssteigerungen von 84 Prozent zu rechnen. Wer die Kopfpauschale nicht bezahlen könne, würde zum Bittsteller – abhängig von staatlichen Zuschüssen. Bedürftigkeitsprüfungen und Stigmatisierung wie bei Hartz IV wären die Folge. Außerdem brauchte man mindestens 22 Milliarden Euro für die Finanzierung.

Die Kopfpauschale bringt nicht mehr Geld ins System, sie verteilt es nur um; das ist für Wulf Dietrich, den Vorsitzenden des Vereins der demokratischen Ärztinnen und Ärzte (vdää), klar. Auch Mediziner seien gegen »die Rezepte des Dr. Rösler«, obwohl sich unter den Ärzten viele FDP-Wähler befänden. Diese Rezepte seien unsolidarisch. Sie untergraben die paritätische Finanzierung, so Dietrich. 500 Unterschriften habe man bereits gegen die Kopfpauschale gesammelt. Alfred Spieler von der Volkssolidarität wies darauf hin, dass der von der Bundesregierung versprochene soziale Ausgleich für jene Menschen, die eine Kopfpauschale nicht bezahlen könnten, eine Beruhigungspille sei. Die Betroffenen müssten das selbst finanzieren. Schon heute aber kämen viele Geringverdiener und Rentner gerade so über den Monat. Außerdem führe der soziale Ausgleich in die Fürsorge und unterbinde ein selbstbestimmtes Leben. »Dagegen wenden wir uns ganz energisch«, so Spieler. »Wir wollen kein Hartz IV im Gesundheitswesen.« Nach Kassenberechnungen würden bei der Einführung der einkommensunabhängigen Kopfpauschale 60 Prozent der Krankenversicherten in die Bedürftigkeit gedrückt.

Buntenbach bekräftigte die Vorstellung der Gewerkschaften vom Ausbau der GKV in eine Bürgerversicherung, in die alle einbezogen würden und in der man auf alle Einkünfte Beiträge zahlt. Wenn man wie Rösler ein funktionierendes System abschaffen und einen zweifelhaften Sozialausgleich einführen wolle, müsse man schon nachweisen, dass dies die bessere Idee sei. Sie halte das für erheblich schlechter. Kommentar Seite 8

www.stoppauschale.de

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