Auch Wojsko Polskie paradiert in Moskau
Kombattanten erster und zweiter Kategorie
Russlands Staatsführung wollte mit der Einladung der Gäste zwei historische Tatsachen zum Ausdruck bringen: dass es zur Bezwingung des sogenannten Dritten Reichs der Anstrengung einer mächtigen Koalition bedurfte und dass in dieser Koalition polnische Soldaten 1945 die viertgrößte Streitkraft stellten – 400 000 an der Ostfront und 60 000 im Westen.
Mit der Marschordnung der Siegesparade wird die Tatsache gewürdigt, dass die Soldaten der Kosciuszko-Division im Osten an der Seite der Roten Armee kämpften. Ministerpräsident Wladimir Putin erwähnte in seiner Rede in Katyn am 7. April aber auch den Einsatz des 2. Korps an der Westfront und die Widerstandskämpfer der »Armia Krajowa« (Heimatarmee – AK) im polnischen Untergrund.
In Polen selbst allerdings werden die ehemaligen Soldaten der I. Armee, die aus dem Osten bis zur Siegessäule in Berlin vordrangen, seit 20 Jahren als Kombattanten zweiter Kategorie behandelt. Das findet nicht nur in Schulbüchern seinen Ausdruck, in denen die Soldaten des 2. Korps unter General Wladyslaw Anders als Helden, die Soldaten der Kosciuszko-Division unter General Zygmunt Berling dagegen als »Helfershelfer der Kommunisten« dargestellt werden. Dafür steht zum einen die Schlacht um Monte Cassino im Mai 1944, als Truppen der Anders-Armee den Berg mit dem Benediktinerkloster erstürmten und damit die »Gustav-Linie« durchbrachen, zum anderen die Schlacht von Lenino im Oktober 1943, die zum »militärischen Missverständnis« umgedeutet wird.
Schlimmer noch ist, dass die »Ostsoldaten« – wie die linke Wochenschrift »Przeglad« in ihrer Ausgabe für den 9. Mai schrieb – diskriminiert werden. Nach einem »Kombattantengesetz« , das nach 1989/90 verabschiedet wurde, sind die Kosciuszko-Soldaten im Vergleich mit den »Westsoldaten« und den Mitgliedern der Armia Krajowa rechtlich und materiell benachteiligt. Sie werden fast wie Kollaborateure gesehen.
Ein Versuch des Bündnisses der Demokratischen Linken (SLD), diese Benachteiligung aufzuheben, wurde 2004 von den bürgerlichen Parteien im Sejm blockiert. Diese Soldaten seien nämlich nach dem Krieg zur Festigung eines »kommunistischen Systems« und zur Unterdrückung der Freiheit eingesetzt worden, argumentierte vor sechs Jahren der damalige militärpolitische Sprecher der Bürgerplattform (PO), Bronislaw Komorowski.
Derselbe Komorowski ist jetzt Sejmmarschall und PO-Kandidat für die Präsidentenwahl am 20. Juni. Als amtierendes Staatsoberhaupt wird er Polen am 9. Mai auf der Tribüne des Roten Platzes repräsentieren.
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