Streit in Paris um »Gefangenentausch«
Spekulationen nach Freilassung von Französin in Iran / War Reiss für Geheimdienst tätig?
Paris (AFP/ND). Die Regierung in Paris wies erneut Vermutungen zurück, die Freilassung könne eine Gegenleistung für die Ausreise einer monatelang in Iran festgehaltenen Französin sein.
Bachtiar war der letzte Regierungschef Irans unter dem Schah gewesen. Nach der iranischen Revolution begab er sich 1980 in Frankreich ins Exil. Er wurde 1991 bei Paris in seinem Haus ermordet. Wakili Rad wurde drei Jahre später wegen der Tat in Frankreich zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. An diesem Dienstag steht ein gerichtlicher Haftprüfungstermin für den Iraner an, bei dem er laut seinem Anwalt wegen guter Führung auf freien Fuß gesetzt werden könnte. Irans Regierung hatte mehrfach seine Freilassung verlangt.
Am Wochenende hatte Iran die französische Universitätsangestellte Clotilde Reiss nach zehn Monaten ausreisen lassen. Die 24-Jährige war von einem iranischen Gericht am Sonnabend wegen der Unterstützung der Massenproteste gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Diese wurde aber umgehend in eine Geldbuße umgewandelt. Die französischen Sozialisten verlangten von der Regierung Aufklärung darüber, ob ein »Austausch« von Gefangenen vorliege. Er glaube »wie viele Franzosen«, dass es im Fall Reiss »Gegenleistungen« an Teheran gebe, sagte Parteisprecher Benoît Hamon. Das Außenministerium wies dies am Montag erneut zurück. Schon Anfang Mai hatte die französische Justiz ein Auslieferungsgesuch der USA für den iranischen Ingenieur Madschid Kakawand abgelehnt. Er ist inzwischen zurück in seiner Heimat. Die Vereinigten Staaten werfen ihm vor, Teheran Güter beschafft zu haben, die auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können.
Mit Blick auf Reiss sorgten derweil Angaben für Wirbel, die junge Frau sei in Iran im Auftrag des französischen Auslandsgeheimdienstes DGSE tätig gewesen. Der ehemalige DGSE-Mitarbeiter Pierre Siramy sagte dem Fernsehsender LCI, Reiss sei bei dem Geheimdienst »eingeschrieben« und habe über Iran Informationen »innenpolitischer Natur« sowie über die »Weiterverbreitung von Atommaterial« gesammelt. Im Radiosender Europe 1 betonte Siramy am Montag, Reiss sei aber »keine Spionin« gewesen, sondern »ein Kontakt unseres Vertreters in Teheran«. Sie habe »für Frankreich gearbeitet«. Das Pariser Außenministerium wies die Angaben »kategorisch« zurück.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.