Dreieinigkeit im Sumpfgebiet

Fortgesetzte Aufklärung: LINKE, SPD und Grüne setzen in Sachsen Untersuchungsgremium ein

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Untersuchung des 2007 entdeckten »Sachsen-Sumpfs« und möglicher Missstände im Verfassungsschutz wird wieder aufgenommen. Nachdem die CDU die Aufklärung lange ausgebremst hatte, wird sie nun fortgesetzt – in leicht veränderter Besetzung.

Der Rummel hat deutlich nachgelassen. Als Sachsens Landtag im Juli 2007 ein Untersuchungsgremium einsetzte, das die drei Monate zuvor hochgekochten Gerüchte um den »Sachsen-Sumpf« aufklären sollte, traten die Abgeordneten in einer Sondersitzung zusammen; die Pressetribüne des Parlaments war übervoll. Heute wird wieder ein Ausschuss eingesetzt, der sich dem Thema widmen soll. Das geschieht jedoch per dringlichem Antrag in der regulären Sitzung. Auch das mediale Interesse an der Angelegenheit ist spürbar abgeflaut.

Bemerkenswert freilich ist, dass es überhaupt einen weiteren Ausschuss zum Thema gibt – nur selten werden parlamentarische Untersuchungen, die von Wahlen unterbrochen wurden, danach fortgesetzt. In Sachsen hatte der Urnengang vom August 2009 die Arbeit des Ausschusses beendet – der zuvor freilich gerade einmal ein Dreivierteljahr hatte arbeiten können: Nach der Einsetzung im Juli 2007 zog die CDU-geführte Staatsregierung vor das Verfassungsgericht, weil sie den Untersuchungsauftrag für verfassungswidrig hielt. Die Richter erteilten ihr im August 2008 eine glatte Abfuhr: Bis auf wenige Themen sei das Prüfinteresse der Abgeordneten legitim.

Diese vermochten dann freilich nur noch einen Teil des unübersichtlichen Terrains zu sondieren. Lediglich ein Drittel der Arbeit sei erledigt worden, sagen der Linksabgeordnete Klaus Bartl und sein Grünen-Kollege Johannes Lichdi. Untersucht wurden vor allem die Zustände im Landesamt für Verfassungsschutz, in dem ein Referat für organisierte Kriminalität dicke Dossiers über kriminelle Netzwerke und die Verflechtung von krimineller Szene, Rotlichtmilieu sowie der Justiz und anderen Behörden angesammelt hatte. Aus der Sumpf-Affäre war zwischenzeitlich eine Verfassungsschutz-Affäre geworden, die ein ungutes Licht auf die Behörde und deren Kontrolle durch die Regierung warf.

Gut ein Dreivierteljahr nach der Wahl soll nun begonnen werden, die übrigen zwei Drittel des Untersuchungsauftrages abzuarbeiten. Das geschieht in leicht veränderter Besetzung. Vor drei Jahren hatten LINKE, Grüne und die damals oppositionelle FDP die Aufgabenliste geschrieben. Deren Sumpf-Aufklärer Jürgen Martens freilich ist heute Justizminister, die Fraktion fügt sich der Koalitionsraison und lässt ihren Sprecher erklären, der eigentliche Skandal – die Zustände im Verfassungsschutz – sei aufgeklärt, nun gehe es nur um die »Befriedigung persönlicher Eitelkeiten mittels medialen Tamtams«.

Das sieht freilich die SPD, die im Juli 2007 noch mit der CDU regierte und vom Eifer ihres Chefaufklärers Karl Nolle bei der Sumpf-Bereinigung oft unangenehm berührt war, deutlich anders. Es sei »Raum für Zweifel offen geblieben«, begründet die Dresdner Abgeordnete Sabine Friedel den Umstand, dass ihre Fraktion den Ausschuss mitträgt. Daran hatte es bis Dienstag Zweifel gegeben; Beobachter hatten darauf verwiesen, dass es auch um Affären in Leipzig gehe, wo viele wichtige Politiker der SPD angehören. Das sei »lächerlich«, kommentierte der Fraktions- und Parteichef Martin Dulig, der allerdings gleichzeitig durchblicken ließ, man hätte den Einsetzungsbeschluss gern etwas anders formuliert.

Glaubt man dessen Autoren, gibt es im Sumpfgebiet noch viel aufzuklären. Lichdi verweist auf einen lange geheim gehaltenen Bericht des Rechnungshofs zu einer Immobilienaffäre in Leipzig, der auf ein »korruptives Netzwerk« hindeute. Bartl sagt, man wolle den Akzent jetzt stärker auf die »regierungsamtliche Desinformation und Aufklärungsunterdrückung« legen. Der Chemnitzer Rechtsanwalt soll das Gremium wie schon den Vorgänger-Ausschuss leiten; die CDU meldet, wie schon vor drei Jahren, Bedenken an. Ob Bartl die Leitung dennoch übernehmen kann, entscheidet sich in einem Monat.

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