Selbstmordserie bei Foxconn
Kritik an harten Arbeitsbedingungen beim Elektronikriesen in China
Selbstmordserie beim weltweit größten Elektronik-Hersteller Foxconn: Am Dienstag starb erneut ein Mitarbeiter, nachdem er vom Dach des Werkes im südchinesischen Shenzhen gestürzt war. Es war der neunte Todesfall dieser Art in der Fabrik in diesem Jahr.
Hinter Computern und technischen Spielzeugen der reichen Welt wie iPhone oder Playstation stecken viele traurige Schicksale armer chinesischer Wanderarbeiter. Die Serie von Selbstmorden beim weltgrößten Elektronik-Hersteller Foxconn wirft ein Schlaglicht auf ihre harten Arbeitsbedingungen, persönliche Isolation weit weg von ihren Familien und ihre Hoffnungslosigkeit. Der Freitod mehrerer Mitarbeiter stellt auch das Produktionsmodell des taiwanesischen Herstellers infrage. Und schädigt die Reputation von Weltmarken wie Apple, Dell, Hewlett-Packard oder Sony, die alle bei Foxconn fertigen lassen.
Nirgendwo wird so viel exportiert wie in China. Mehr als 100 Millionen Wanderarbeiter versorgen die »Werkbank der Welt« mit immer neuen Arbeitskräften. Nach den Selbstmorden heben neun chinesische Sozialwissenschaftler in einem offenen Brief das Schicksal der jungen Arbeiter hervor. »In dem Moment, wo sie wenig Möglichkeiten sehen, durch harte Arbeit in den Städten ein Zuhause zu bauen, bricht die Bedeutung ihrer Arbeit in sich zusammen«, heißt es. »Der Weg nach vorne ist blockiert, der Rückzug versperrt.« Die neue Generation der Wanderarbeiter stehe vor einer ernsten Identitätskrise, warnen die Experten. »Chinas Entwicklungsstrategie über 30 Jahre hat nicht nur ein Wirtschaftswunder geschaffen, sondern auch regionale Ungleichgewichte verschärft, die Stagnation der Gehälter verlängert und Wanderarbeiter ihrer Rechte beraubt.«
Aktivisten machen vor allem die harten Arbeitsbedingungen bei Foxconn für die Selbstmorde verantwortlich. »Das Unternehmen muss eine gründliche Untersuchung des Lebens an seinen Produktionslinien einleiten – nicht nur noch mehr oberflächliche Reparaturen vornehmen«, fordert die in New York ansässige Nichtregierungsorganisation »China Labor Watch«, die schon länger Probleme bei Foxconn anprangert und Arbeiter zu den Selbstmorden befragt hat. »Wir sind extrem müde, haben ungeheuren Druck«, berichteten diese. »Wir beenden einen Arbeitsvorgang alle sieben Sekunden. In jeder Schicht fertigen wir 4000 Dell-Computer – alles im Stehen.« Arbeiter haben nur einen Tag pro Woche frei. Vor und nach der Schicht, die mit Überstunden zehn bis zwölf Stunden dauert, gibt es unbezahlte Mitarbeitersitzungen. Gezahlt wird der vorgeschriebene monatliche Mindestlohn von 900 Yuan (107 Euro). Für Überstunden gibt es 7,8 Yuan und 10,34 Yuan am Wochenende.
Der Exekutivdirektor von »China Labor Watch«, Li Qiang, kritisiert Foxconns »militärischen Verwaltungsstil, mangelnden Respekt der taiwanesischen Manager für chinesische Arbeiter und Strategien, die darauf abzielen, nur kurzfristige Jobs zu schaffen«. Empörung löste ein Video aus, das Wachleute in schwarzen Uniformen zeigt, die im August Arbeiter im Pekinger Foxconn-Werk brutal verprügelten. Überhaupt haben taiwanesische Arbeitgeber in China nicht den besten Ruf, so dass Zeitungen der Inselrepublik schon einen »Verhaltenskodex« mit fortschrittlichen Arbeitsstandards fordern, um Ausbeutung zu unterbinden.
Es gibt auch Klagen über den Mangel an persönlichen Beziehungen zwischen Beschäftigten, die meist in Wohnheimen auf dem Werksgelände unterkommen. Es sind kleine Städte mit Supermarkt, Restaurant, Buchladen und Internetcafé. In der Fabrik in Shenzhen, wo es die Serie von Selbstmorden gibt, arbeiten über 300 000 Beschäftigte. Die Arbeiter leben völlig isoliert, ohne soziales Netz. Eine Arbeiterin sagte der »China Daily«: »Wir verbringen die Freizeit meist mit Schlafen und Surfen im Internet – wir gehen selten raus.«
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