Junge Täter unter Alkoholeinfluss
Studie: Mehr Gewalt gegen Polizisten / CDU fordert härtere Strafen
Berlin (dpa/ND). Gewalt gegen Polizisten ist einer Studie zufolge ein wachsendes Problem. Vor allem Streifenbeamte litten zunehmend unter Gewaltausbrüchen von Bürgern, sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, am Mittwoch in Berlin. Die Täter würden jünger – zudem sei bei deutlich häufiger als früher Alkohol im Spiel. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte eine härtere Bestrafung der Täter. Das Thema steht auch auf der Tagesordnung der Innenministerkonferenz, die an diesem Donnerstag in Hamburg beginnt.
Vor allem Überraschungsangriffe aus scheinbar harmlosen Situationen heraus machten Polizisten zu schaffen, sagte Pfeiffer. »Die Helden des Alltags der Polizei sind die Streifenbeamten, die ganz schlicht ihren Job machen und nichts Böses ahnend um eine Ecke gehen und auf einmal voll einen Prügel ins Gesicht kriegen.« Weniger schwere Verletzungen gebe es dagegen beispielsweise bei den Beamten, die in Sondereinsatzkommandos arbeiteten oder bei Fußballspielen und Demonstrationen eingesetzt seien. Sie seien besser durch ihre Ausrüstung geschützt – Angriffe würden hier eher erwartet. Für die Studie wurden die online ausgefüllten Fragebogen von rund 21 000 Polizisten aus zehn Bundesländern ausgewertet. Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, im Jahr 2009 beleidigt oder bedroht worden zu sein. Fast die Hälfte wurde gestoßen oder geschubst. Ein Viertel berichtete von Schlägen und Fußtritten. Mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Gegenstand wurden mehr als 14 Prozent bedroht – fast 9 Prozent wurden damit tatsächlich auch angegriffen.
Die Zahl derer, die nach einem Angriff mindestens sieben Tage dienstunfähig waren, nahm von 2005 bis 2009 um rund 60 Prozent zu. Allerdings bewegen sich die Fallzahlen auf einem relativ niedrigem Niveau (Anstieg von 203 auf 325 Fälle). Zudem stützt sich die Studie allein auf die Erinnerung der Beamten. Fast 13 Prozent der Befragten gaben an, dass sie zwischen 2005 und 2009 nach einem Gewaltangriff mindestens einen Tag dienstunfähig waren. Neben Schünemann wollen auch einige andere CDU-Politiker durchsetzen, dass Angriffe auf Polizisten härter bestraft werden. Über dieses Thema streitet derzeit die schwarz-gelbe Bundesregierung. Es liegt ein Gesetzentwurf aus dem Haus von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor, der der Union aber nicht weit genug geht.
Pfeiffer meinte, härtere Strafen seien eher eine symbolische Geste. Um Gewalt entgegenzuwirken, seien vorbeugende Maßnahmen – etwa gegen Alkoholmissbrauch der Täter – wirkungsvoller. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, hält härtere Strafen ebenfalls für nicht geeignet: »Die Studie zeigt, dass Strafverschärfungen kein geeignetes Mittel sind, um Gewalt gegen Polizisten und Rettungskräfte einzudämmen. Notwendig ist vielmehr eine umfassend angelegte Strategie zur Gewaltprävention. Dazu gehört auch die Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.