König bedroht Frauenrechtlerin
Leipzig streitet um den Clara-Zetkin-Park
Zyniker mögen sagen: Es war nur eine Frage der Zeit. Nachdem auch in Leipzig schon zahlreiche Plätze, Straßen und Schulen umbenannt wurden und die Namen von Widerstandskämpfern und Vertretern der Arbeiterbewegung aus dem Stadtbild verschwunden sind, wird jetzt um den Namen einer Grünanlage im Zentrum gestritten, die bei Spaziergängern nur »Clara-Park« heißt, offiziell aber nach Clara Zetkin benannt ist – seit 56 Jahren.
Dass dieser Name verschwinden soll, hat – wie es in Zeitungsberichten heißt – ein »Leipziger Bürger« mit einer Petition angeregt. Sein Vorschlag: Der Park, der eigentlich aus mehreren Teilen besteht, solle rückbenannt werden. Im September des Jahres 1954 hatten die Stadtverordneten einen »Zentralen Kulturpark« mit dem Namen der Frauenrechtlerin geschaffen, wo sich zuvor Johannapark, Scheibenholz, Palmengarten und König-Albert-Park erstreckten. Sie alle könnten wieder auf dem Stadtplan erscheinen.
SPD-Mann gegen SPD-Frau
Bei dem Antragsteller, der sich in einem Online-Forum der »Leipziger Volkszeitung« (LVZ) äußerte, handelt es sich freilich nicht um einen ausgewiesenen Royalisten, sondern einen sehr jungen Mann, der für die SPD bei Kommunalwahlen antrat. Er erklärte, ein Faible für historische Namen zu haben. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Der Name Clara Zetkin hat schließlich nicht nur großen Klang in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Zetkin, die im sächsischen Wiederau geboren wurde, war zudem zumindest in ihrer Leipziger Zeit, die von 1872 bis zum Gang ins Züricher Exil dauerte, auch Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei, aus der 1890 die SPD wurde. Die verließ Zetkin erst 1917 mit der Gründung der USPD; später gehörte sie zu den prominentesten Politikerinnen der KPD, für die sie lange im Reichstag saß.
Entscheidung im Herbst
Ob der Clara-Park, in dem auch eine Zetkin-Plastik steht, den Namen behalten kann, muss im Herbst der Stadtrat entscheiden. Dieser hatte Mitte Mai den Rathauschef Burkhard Jung – ebenfalls SPD – beauftragt, einen Vorschlag zu unterbreiten. Derzeit prüft das Amt für Statistik erst einmal die historisch exakte Flächenzuordnung in dem 125 Hektar großen Areal.
Übergroßer Zustimmung scheint sich die Idee indes nicht zu erfreuen. Nicht nur der LINKE-Stadtchef Volker Külow lehnt das Ansinnen rundheraus ab und kündigt Widerstand an. Bei einer Umfrage der BILD-Zeitung votierten zwei Drittel gegen eine Umbenennung. Und im LVZ-Forum, wo es über 100 Einträge zum Thema gibt, muss sich der Antragsteller massiver Kritik erwehren. Von einer »historischen Ohrfeige« für eine »wirklich ehrbare Frau« ist die Rede wie auch vom »kaum zu verdeckenden Verdacht«, dass die sozialistische Geschichte aus dem Stadtbild getilgt werden soll.
Und ein Leser unterbreitet einen ironischen Vorschlag an die königstreuen Sachsen der Neuzeit: Statt »König-Albert-Park« könne die Anlage doch auch »Biedenkopf-Wäldchen« heißen.
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