Schule im Tierreich
Weitergabe von Bräuchen auch bei Zebramangusten
Die Fähigkeit, Bräuche von einer Generation an die nächste weiterzugeben, wurde lange Zeit lediglich dem Menschen zugesprochen. Erst im Vorjahr entdeckten Verhaltensbiologen, dass auch wilde Schimpansen Verhaltensweisen an ihre Nachkommen weitergeben. Dass diese soziale Tradierung im Tierreich noch sehr viel weiter verbreitet ist, zeigen nun Zoologen der englischen Universität Exeter am Beispiel von Zebramangusten.
Diese entfernt mit dem Mungo verwandten Raubtiere leben in großen Verbänden in Afrika südlich der Sahara. Sobald die jungen Mangusten den Bau verlassen, wird jedes Jungtier individuell von einem älteren Verwandten unter die Fittiche genommen. Dieser Betreuer, in der Regel kein Elternteil, beschützt das Jungtier und begleitet es bei der Nahrungssuche. Stoßen Zebramangusten dabei auf umhüllte Beute wie etwa Eier oder Käfer, bahnen sie sich den Weg an den Leckerbissen auf einem von zwei Wegen: Entweder beißen sie die Hülle mit den Zähnen auf, oder sie knacken die Schale, indem sie diese auf eine harte Oberfläche wie einen Stein schleudern.
Die Zoologen Corsin Müller und Michael Cant präsentierten ausgewachsenen Mangusten Plastikeier, die mit Fisch und Reis gefüllt waren. Um an die Delikatesse zu gelangen, knackten manche Tiere die Schale mit den Zähnen, andere warfen sie auf einen Stein. Die jeweilige Technik behielten die Tiere bei und gaben sie an die nächste Generation weiter.
Wurden jugendliche Mangusten erstmals selbst mit dem Plastikei konfrontiert, übernahmen sie gewöhnlich jenes Verhalten, das sie während der Kindheit bei ihrem jeweiligen Begleiter beobachtet hatten. Und bei dieser Technik blieben sie, bis sie ausgewachsen waren.
Dies zeige, dass bei Tieren unterschiedliche Traditionen nebeneinander existieren könnten, schreiben die Forscher in der Zeitschrift »Current Biology« (DOI: 10.1016/j.cub.2010.04.037). Zudem übernehmen Jungtiere nicht unbedingt das Verhalten der Mehrheit, sondern orientieren sich an bestimmten Vorbildern. »Vorlieben bei der Nahrungssuche werden von Erwachsenen an die Jungen über soziales Lernen weitergereicht und können somit als Traditionen gelten«, sagt Müller. Das dies nicht nur für Arten mit besonders großem Gehirn gelte, sondern auch für Mangusten, deute darauf hin, dass Traditionen im Tierreich weit verbreitet seien.
»Manchen Leuten wird dieses Resultat nicht gefallen, denn sie sehen das als Angriff auf unsere Sicht, dass der Mensch etwas Besonderes ist«, sagt Müller. Aber das mache den Menschen nicht weniger speziell, betont der Forscher. »Der Mensch ist einzigartig, wie jede andere Spezies auch.«
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