Rom will »Sankt-Peters-Verpflichtung« brechen

Bürgermeister will abstimmen lassen, ob künftig höher als der Petersdom gebaut werden darf

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Das höchste Gebäude von Rom ist der Petersdom mit seinen 136 Metern. Bürgermeister will nun aber, dass die Ewige Stadt ihre Wolkenkratzer bekommt.

Es nennt sich die »Sankt Peters-Verpflichtung«: Eine Vereinbarung, die Anfang des letzten Jahrhunderts unterzeichnet wurde und mit der sich die Stadtverwaltung von Rom verpflichtet, kein Gebäude zu errichten, das höher als der Petersdom ist. Die Kuppel der Basilika, die Michelangelo im 16. Jahrhundert entworfen hat, ist mit ihren 136 Metern also das höchste Gebäude der italienischen Hauptstadt. Doch wenn es nach dem derzeitigen Oberbürgermeister Gianni Alemanno geht, soll sich das in den nächsten Jahren ändern. Er möchte, dass sich die Stadt zumindest in der Peripherie nicht mehr horizontal, sondern vertikal entwickelt. Rund um den Stadtkern möchte er moderne Hochhäuser sehen, in denen Tausende von Menschen leben können. Rom braucht Wohnraum, hat er kürzlich erklärt, und wenn man den grünen Gürtel um die Stadt bewahren will, dann muss man eben in die Höhe bauen. Gleichzeitig würde die Peripherie auch schöner werden, wenn man den Mut hätte, die alten Wohnblocks abzureißen und elegante Wolkenkratzer zu errichten.

In Rom ist jetzt eine Diskussion entbrannt, die quer durch die politischen Parteien läuft. So meinen einige Urbanisten, dass Rom mit seinen sieben Hügeln einen weichen Charakter hat, den man mit Hochhäusern verraten oder sogar vergewaltigen würde. Wohnhäuser mit wenigen Stockwerken, so sagt zum Beispiel der Architekt Italo Insolera, seien besser für die zwischenmenschliche Kommunikation. Wenn man Büroraum braucht und den in Hochhäusern unterbringen will, so sei das eine Sache und darüber könne man nachdenken; aber vertikaler Wohnraum sei unzumutbar.

Andere Architekten, die in Rom bereits Hochhäuser bauen – die bisher allerdings alle nicht an die 136 Meter des Petersdom heranreichen – sehen das anders. Für sie würden Gebäude, in denen sich Wohn- und Büroräume mischen, die Peripherie ungemein aufwerten und ein modernes Flair in die hässlichen Vorstädte von Rom bringen. Im vergangenen Mai wurde der Grundstein für den Eurosky Tower gelegt: Im Westen der Stadt gelegen, soll dies das erste Gebäude von Rom von über 100 Meter Höhe werden. Die Architekten werben mit der Idee von einem »mittelalterlichen Wachturm, von dem man aus die Stadt dominiert«; tatsächlich werden die Wohnungen dort allerdings kaum die Wohnungsnot in der Stadt mindern, da sie alle im absoluten Luxussegment angesiedelt sind.

Rein urbanistisch und architektonisch gesehen hat die Diskussion um mögliche Hochhäuser in Rom sicherlich ihre Berechtigung, zumal die Wohnungsnot in der Stadt tatsächlich groß ist – wobei es aber auch eine große Anzahl von leerstehenden Wohnungen und großen Gebäuden wie zum Beispiel Kasernen gibt, die man umbauen könnte.

Allerdings wird man aber auch den Verdacht nicht los, dass sich der Baugrund am Rande der Stadt teuerer verkaufen ließe, wenn dort gleich ein Wolkenkratzer errichtet werden könnte.

Nun hat Bürgermeister Alemanno beschlossen, dass er nicht allein darüber entscheiden möchte, ob man die »Sankt Peters-Verpflichtung« brechen soll oder nicht. Im kommenden Frühjahr möchte er die Einwohner der Stadt dazu befragen: »Die Römer müssen sagen, ob es in ihrer Stadt künftig Gebäude geben soll, die höher als die Peterskuppel sind«.

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