Verlängerung in Polen

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 1 Min.

Genau wie im Sport sei auch bei einer Wahl die Verlängerung am schwierigsten, ahnt Bronislaw Komorowski mit Blick auf die ihm bevorstehende Stichwahl ums höchste polnische Staatsamt. Zwar hat er den ersten Wahlgang gewonnen, doch seine heimliche Hoffnung – wie die seines Partei- und Regierungschefs Donald Tusk – ist geplatzt. Im Regierungslager wünschte man sich, dass Komorowski den Präsidententhron schon im ersten Anlauf nimmt. Denn mit der »Verlängerung« verbindet man leidvolle Erinnerungen: Vor fünf Jahren hatte Tusk nach der ersten Runde der Präsidentenwahl ebenfalls in Führung gelegen, die Stichwahl aber verlor er deutlich gegen Lech Kaczynski, den verunglückten Zwillingsbruder des Komorowski-Rivalen Jaroslaw Kaczynski.

Also wirbt Komorowski – und Kaczynski gleichermaßen – jetzt um die Stimmen der Linken. Beide haben bisher, zurückhaltend ausgedrückt, keinerlei Sympathie für die »Postkommune« gezeigt. Plötzlich hält der eine sie für »unverzichtbar«, der andere entdeckt »gemeinsame Elemente«. Wen soll Grzegorz Napieralski, der Kandidat der Linken, seinen Anhängern empfehlen? Er selbst ist schließlich von mehr als zwei Millionen Polinnen und Polen gewählt worden, die ihr Kreuz als Ausdruck des Protestes gegen die beiden rechten Hauptkandidaten verstanden haben. Bei aller Unterschiedlichkeit der handelnden Personen und der Prozeduren: Parallelen zur Bundespräsidentenwahl sind unverkennbar.

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