Özils Geniestreich ebnet den Weg

Deutschland siegt 1:0 gegen Ghana, aber auch die Westafrikaner sind weiter

Die Vorfreude auf ein Elfmeterschießen gegen England hat die deutsche Elf offenbar nur leicht beflügelt: Mit einem mühsam erkämpften 1:0 gegen Ghana hat Deutschland im Johannesburger Soccer City-Stadion das erste de facto K.o.-Spiel gewonnen und trifft nun im Achtelfinale am Sonntag in Bloemfontein auf den Erzrivalen England. Zuletzt gab es dieses Match bei einer Weltmeisterschaft im Halbfinale 1990: Deutschland gewann im Elfmeterschießen wie auch sechs Jahre später bei der Europameisterschaft in England. Am Ende stand jeweils der Titelgewinn. Bei aller Vorfreude: Bis dahin ist noch ein weiter Weg und England nur der erste schwere Brocken darauf. Das zeigte das Spiel gegen Ghana.

Die deutsche Elf tat sich in der ersten Hälfte des letzten Gruppenspiels gegen geschickt verteidigende und auf Konter lauernde Ghanaer schwer. Trotz optischer Überlegenheit und mehr Ballbesitz kam Deutschland nur zu einer klaren Chance, als der von Cacau glänzend freigespielte Bremer Mesut Özil in der 25. Minute alleine vor dem Torwart Richard Kingson scheiterte. Die Westafrikaner setzten immer wieder kluge Konter, häufig eingeleitet von Kevin-Prince Boateng, der oft den schnellen, trickreichen André Ayew, Sohn von Ghanas Fußballlegende Abedi Pelé suchte. Ayew versetzte mal über rechts, mal über links kommend die deutschen Außenverteidiger. Die größte Chance für Ghana hatte nach einem Ayew-Flankenlauf Asamoah Gyan, dessen Schuss von Bastian Schweinsteiger in der 14. Minute gerade noch so geblockt werden konnte.

Trainer Löw hatte neben Cacau, der für den gesperrten Klose auflief, auch auf der linken Abwehrseite Korrekturbedarf gesehen: Statt des gegen Serbien indisponierten Holger Badstuber lief in Soccer City Jerome Boateng auf, so dass es zu dem medial erwünschten Bruderduell zwischen dem HSV-Verteidiger und seinem vom insolventen FC Portsmouth auf die Verkaufsliste gesetzten Halbbruder Kevin-Prince Boateng kam.

Die Wege der beiden kreuzten sich auf dem Spielfeld kaum, der im defensiven Mittelfeld Ghanas zu den stärksten Akteuren zählende Kevin-Prince fand selten den Weg auf den rechten Flügel und Jerome beschränkte sich vorwiegend auf seine Defensivaufgaben.

Viel wollte bei Deutschland nicht zusammenlaufen, die ungewohnte Situation eines vorgezogenen Endspiels schien auf den jungen Spielern zu lasten. Auch Mesut Özil zauberte weit weniger als bei seinen ersten beiden Auftritten. Den Frust darüber kompensierte er nach einer Stunde: Der Bremer Jungstar nahm Maß und wuchtete den Kunststoffball aus 20 Metern in den linken Winkel.

Trotz der Niederlage hat auch Ghana Grund zum Feiern. Sie haben als erste afrikanische Mannschaft den Einzug in die nächste Runde geschafft. Das junge Team überzeugte in allen Spielen durch mannschaftliche Geschlossenheit und hohes Spielvermögen. Allein die afrikanische Krankheit, der mangelnde Torabschluss, verhinderte noch bessere Resultate.

Ghana: Kingson - Pantsil, John Mensah, Jonathan Mensah, Sarpei - Kevin-Prince Boateng, Annan - Tagoe (64. Muntari, Asamoah, Ayew (90+2. Adiyiah) - Gyan (82. Amoah).

Deutschland: Neuer - Boateng (73. Jansen), Mertesacker, Friedrich, Lahm - Khedira, Schweinsteiger (81. Kroos) - Müller (68. Trochowski), Özil, Podolski - Cacau.

Tor: 1:0 Özil (60.). Schiedsrichter: Simon (Brasilien). Zuschauer: 85 000.

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