Anschlag auf Polizeispitze in Griechenland
Paketbombe tötete Offizier / Kommunisten: »Extrem verdächtige Aktion, die viele Fragen aufwirft«
Die Bombe war in einem Paket versteckt, das nach Polizeiangaben wohl an den Minister für Bürgerschutz, Michalis Chrisohoidis, adressiert war. Wahrscheinlich explodierte die Bombe, als dessen Assistent Giorgos Vasilakis das Paket öffnete. Der Polizeioffizier kam dabei ums Leben. Chrisohoidis hatte sich zur Explosionszeit in seinem eigenen, vom Explosionsort etwa 20 Meter entfernten Büro aufgehalten. Er blieb unverletzt.
Laut Polizeiangaben ist noch völlig unklar, wie das explosive Paket in den siebten Stock des Ministeriums gelangen konnte. Alle Postsendungen an das Ministerium werden vor Verteilen mit einen Röntgenscanner, wie sie beispielsweise auch auf Flughäfen benutzt werden, und mit einem Sprengstoffdetektor kontrolliert. Aus Kreisen des Ministeriums hieß es, die Polizei ermittle in alle Richtungen. Menschliches Versagen sei ebenso wenig auszuschließen wie eine eventuelle Sicherheitslücke im System. Aus den gleichen Quellen wurden in der Presse Informationen zitiert, nach denen es sich bei der Bombe um etwa 500 Gramm mit einem Batteriezünder versehenen Plastiksprengstoffs gehandelt habe.
Auch zu den Tätern gibt es noch keinerlei Hinweise. Man vermutet jedoch, dass der Anschlag politisch motiviert ist. In den vergangenen Jahren hat es in Griechenland immer wieder Anschläge gegeben. Die meisten richteten und sich allerdings gegen Gebäude und andere symbolische Ziele, Gewalt gegen Personen wird nur von einer Minderheit der zahlreichen »militanten Organisationen« des Landes propagiert und verübt.
Bis 2002 gingen Anschläge gegen Menschen größtenteils auf das Konto der Organisation »Revolutionäre Organisation 17. November, 17N«. Nach Zerschlagung der 17N im Sommer 2002 traten diverse neue »Stadtguerillagruppierungen« in Erscheinung. Zwei von ihnen, der »Revolutionäre Kampf« und der »Volkswille«, haben bereits in der Vergangenheit Anschläge auf Chrisohoidis und seinen Vorgänger im Ministeramt versucht. Die Regierungsmitglieder blieben beide Male unverletzt.
Nachdem im Dezember 2008 in Athen ein 15-Jähriger von einem Polizisten auf offener Straße erschossen wurde, nahmen die Anschläge gegen Einrichtungen der Polizei zu, aber auch gegen Polizeibeamte. Dabei wurde bereits vor fast exakt einem Jahr, am 17. Juni 2009, ein Angehöriger der Antiterrorpolizei von der Organisation »Sekte der Revolutionäre« erschossen. Alle bisherigen Anschläge gegen Personen wurden jedoch direkt von bewaffneten Tätern ausgeübt. Einen Paketbombenanschlag gab es bisher nicht.
Einhellig verurteilten alle im Parlament vertretenen Parteien den jüngsten Anschlag. »Zu einer Zeit, da unser Land und unser Volk täglich um den Ausweg aus der Krise kämpfen, wollen unmenschliche Mörder unsere Harmonie und Demokratie verletzen«, heißt es in der Stellungnahme von Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Oppositionsführer Antonis Samaras von der Nea Dimokratia sprach von einem »verbrecherischen Anschlag, der ein Leben gekostet und Gesetz und Demokratie schwer geschädigt hat«. Die Kommunistische Partei Griechenlands bezeichnete das Attentat als eine »extrem verdächtige Aktion, die viele Fragen aufwirft«.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.