Feldjägereinsatz zum Abschied
In Münster protestierten Friedensaktivisten gegen Militärzeremonie
Das Lufttransportkommando der Bundeswehr aus Münster feierte am Mittwoch seine Auflösung. Die Einheit wird mit Militäreinheiten anderer EU-Länder zentralisiert, die Lufttransporte werden nun aus dem niederländischen Eindhoven kommandiert. Am Nachmittag konnten Militärs und Lokalpolitiker noch in Ruhe hinter der Kasernenmauer einen feierlichen Appell durchführen und einem Geschwader von Militärtransportflugzeugen beim Schauflug über die Stadt zusehen.
Bei der öffentlichen Abschiedszeremonie am Abend vor dem Schloss war es dann nicht mehr so gemütlich. Rund 250 Friedensaktivisten empfingen Militärs und Offizielle mit Trommeln, Trillerpfeifen und den von der Fußball-Weltmeisterschaft bekannten Vuvuzelas. Die Münsteraner »Friedensinitiative Pulverturm« hatte gemeinsam mit anderen linken Gruppen zum Protest »Gegen Militärspektakel und Auslandseinsätze« aufgerufen.
Schläge und Anzeigen
Das geplante Programm der angemeldeten Friedenskundgebung auf dem nahegelegenen Hindenburgplatz wurde jedoch nicht durchgeführt und die Kundgebung schon kurz nach Beginn wieder aufgelöst. Nun strömten die Friedensaktivisten – darunter auch bunt gekleidete und herumtollende Mitglieder der »ClownsArmy« – direkt an die Absperrgitter vor dem barocken Schloss. Die schwarz gekleideten, behelmten und mit Fackeln ausgestatteten Soldaten wurden beim Einmarsch auf dem Schlossplatz von einem lauten Getöse empfangen. Eine Hundertschaft der Polizei sowie Feldjäger der Bundeswehr drängten die Demonstranten jedoch schnell zurück. Die Stadt Münster hatte der Bundeswehr für den Abend das Hausrecht auf dem Schlossplatz übertragen. Es wurde dann gemeinsam mit der Polizei gewaltsam durchgesetzt: Friedensaktivisten wurden geschlagen und geschubst, mindestens ein Aktivist wurde von der Polizei festgenommen, zahlreiche Anzeigen wurden erlassen.
Strom wurde abgeschaltet
Bernd Drücke, Mitorganisator des Protests, zeigte sich schockiert: »Die aggressive Stimmung der Polizei war außergewöhnlich.« Er vermutet, dass die Aggressivität der Ordnungshüter auch mit der negativen Berichterstattung der lokalen Presse zutun hatte.
Die Friedensaktivisten hatten im Vorfeld kritisiert, dass sich die Bundeswehr mit der Zeremonie in eine Traditionslinie mit der Wehrmacht stelle. Diese hatte 1938 eine ähnliche Militärzeremonie vor dem Münsteraner Schloss durchgeführt. »Bundeswehr-Gegner ziehen Nazivergleich«, titelte die Münstersche Zeitung am Dienstag und witterte einen Skandal.
Als maßlos und vollkommen unangemessen bezeichnete Ali Atalan, NRW-Landtagsabgeordneter der Linkspartei und Anmelder der Friedenskundgebung, das Vorgehen von Polizei und Bundeswehr am Mittwochabend. Aufhalten ließen sich die Friedensaktivisten dennoch nicht. Sie machten in etwa 100 Metern Entfernung zur Militärveranstaltung weiter Lärm. Dabei mussten sie allerdings ohne Licht auskommen: auf Befehl der Polizei hatten die Stadtwerke Münster auf dem Areal vor dem Schloss den Strom abgestellt. Die Ordnungshüter vermuteten wohl, die Militärzeremonie könnte mittels einer Musikanlage im Haus des Allgemeinen Studierendenausschusses direkt vor dem Schloss gestört werden. Von der Stromabschaltung waren auch Straßenbeleuchtungen und Ampeln einer Hauptstraße betroffen.
Auch die Arbeit der Presse wurde eingeschränkt: Trotz zuvor von der Bundeswehr bestätigter Akkreditierung und trotz Vorzeigen des Presseausweises wurde dem Autor dieser Zeilen der Zutritt in den umzäunten Bereich der Militärzeremonie durch Feldjäger verwehrt. Später war nicht einmal mehr der Zugang vor die Absperrgitter möglich, wo etwa 50 Bürgerinnen und Bürger der Armee-Veranstaltung zusahen.
Gründe für die Behinderung wollten die Militärpolizisten nicht nennen, man führe nur Befehle aus. Auch ein Gespräch mit dem Pressesprecher des Luftwaffentransportkommandos wurde abgewiesen. Der Sprecher habe keine Zeit, so die Feldjäger, er sei beschäftigt, das Funkgerät zum Kontaktieren des Sprechers sei kaputt. Die Journalisten der Lokalpresse hingegen konnten sich überall frei bewegen.
Positives Fazit
Die Organisatoren des Friedensprotests zogen trotz der umfangreichen Schikanen ein positives Fazit. Die Marschmusik sei wegen des Lärms der Demonstranten nicht zu hören gewesen, freute sich Bernd Drücke.
Ali Atalan forderte zu weiteren Protestaktionen auf: »Egal wo solche Veranstaltungen stattfinden muss es Gegendemonstrationen geben.« Die Militarisierung des öffentlichen Raums müsse verhindert werden. Wer – wie die Bundeswehr in Münster – die Öffentlichkeit suche, müsse sie auch ertragen.
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