Weihwasser gegen EuroPride
Homosexuellen-Parade im streng katholischen Polen
Warschau (Agenturen/ND). Die farbenfrohe Parade durch Warschau wurde von rund 2000 Polizisten begleitet, die Angriffe von Rechtsextremen und ultrakonservativen Katholiken abwehren sollten. Vereinzelt flogen Eier und Flaschen auf Teilnehmer der EuroPride. Die Polizei nahm acht Menschen wegen Angriffen auf Polizeibeamte fest.
Tomasz Baczkowski von der Stiftung »Gleichheit« und der Abgeordnete des Bündnisses der Demokratischen Linken (SLD) Ryszard Kalisz hatten das Startzeichen für den bunten Zug gegeben, indem sie ein regenbogenfarbenes Band durchschnitten. Begleitet von lauter Musik, zogen bis zu 20 000 Teilnehmer bei Temperaturen von mehr als 35 Grad vom Warschauer Rathaus zum mehrere Kilometer entfernten Verfassungsplatz. Sie forderten vor allem die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Außer der Linken vertritt in Polen keine politische Kraft derartige Positionen.
Vertreter der Bewegung für Polens Souveränität protestierten mit Christus-Bildern und Kreuzen gegen die »Euro-Sodomie«. Ihr Chef, Slawomir Andrzej Zakrzewski, bespritzte Paradeteilnehmer mit Weihwasser. »Kommt zur Vernunft, es ist nicht zu spät«, rief er immer wieder.
Mitglieder rechtsradikaler und nationalistischer Organisationen waren bereits am Vormittag durch Warschaus Zentrum marschiert. »Wir sagen Nein zur neuen Barbarei«, erklärte der Abgeordnete der national-konservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Artur Gorski. In Flugblättern warnten die Teilnehmer des Marsches vor »Degenerierten aus ganz Europa« und vor der »ideologischen Aggression gegen die polnische Gesellschaft«. Die Familie stütze sich auf das »gesunde Fundament eines Bundes zwischen Mann und Frau«, hieß es.
Im Vergleich zu den Vorjahresparaden der EuroPride in Westeuropa war das diesjährige Fest, das als größte europäische Homosexuellen-Parade gilt, deutlich kleiner. An der Parade in Zürich hatten im vergangenen Jahr 50 000 Menschen teilgenommen. In Polen sehen sich Homosexuelle immer wieder Anfeindungen und Diskriminierungen ausgesetzt – auch von Politikern. Der im April bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommene Präsident Lech Kaczynski hatte 2005 als Warschauer Bürgermeister eine Homosexuellen-Parade verboten. Umfragen zufolge sprechen zwei von drei Polen Homosexuellen das Recht ab, auf den Straßen des Landes zu demonstrieren. Rund 79 Prozent der Polen sind gegen die Homo-Ehe.
»Wir hoffen, dass wir eine Debatte über die Legalisierung schwuler und lesbischer Partnerschaften anstoßen«, sagte der Demonstrant Jacek Adler, der ein Internetforum für Homosexuelle in Polen betreibt, der Nachrichtenagentur AFP. »Aber wir sind nicht sehr optimistisch, dass das so bald geschehen wird.«
Die deutschen Grünen werteten die Veranstaltung als Zeichen dafür, dass sich »der Wind im offiziellen Polen« nach den vorherigen »Repressalien gegen Lesben-und-Schwulenveranstaltungen« gedreht habe. So solle die Parade auch »ein Signal der Toleranz und Offenheit« an die Nachbarländer Polens wie Russland und die Ukraine senden, erklärte Parteichefin Claudia Roth.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.