Papiertiger füttern in Kiel
Opposition will Regeln und Zusammensetzung von Untersuchungsausschüssen ändern
Parlamentarische Untersuchungsausschüsse (PUA) sollen in Kiel und Hamburg ans Tageslicht bringen, was die gemeinsame Landesbank, die HSH Nordbank, an den Rand des Ruins gebracht hat – und wer dafür die Verantwortung trägt. Nur durch mehrere Milliarden Euro an öffentlichen Geldern wurde 2009 der Kollaps der Bank abgewendet. Doch die vermeintliche Aufklärungsarbeit wird zur Farce, wenn sie in großen Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter strengster Geheimhaltung und Verschwiegenheit der PUA-Mitglieder erfolgt.
Irrationale Festlegungen
Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), Partei der dänischen Minderheit, schlägt nun vor, dass zur Effizienzsteigerung, Professionalisierung und Beschleunigung von Ausschüssen diese sich als Ergänzung einer richterlichen Beweiserhebung bedienen sollten. Auf Bundesebene habe man so etwas im so genannten Kundus-Untersuchungsausschuss auch bereits praktiziert, skizzierte Lars Harms vom SSW die Vorstellungen seiner Partei. Er ist selbst Obmann im PUA zur HSH Nordbank und berichtet, dass er sich wöchentlich insgesamt zwei Tage ausschließlich mit der Arbeit dieses Gremiums beschäftige – Tage an denen somit keine Zeit mehr für andere Landtagstätigkeiten als Abgeordneter wäre.
Das Stochern rund um die Wahrheit herum ist bislang ein mühsames Unterfangen: Geladene Zeugen, sofern sie überhaupt öffentlich aussagen, achten immer ganz genau auf ihre Wortwahl, um sich angesichts staatsanwaltlicher Ermittlungen nicht selbst zu belasten. Die werden im Fall der HSH Nordbank derzeit von Hamburg aus betrieben. Nicht selten erscheinen die Zeugen daher mit einem Rechtsbeistand, wobei sich aktuelle und ehemalige Vorstands- sowie Aufsichtsratsmitglieder der HSH Nordbank im PUA alle gleich verhalten. Auffällig sind auch Gedächtnislücken, wenn nach Vorgängen gefragt wird, die ein paar Jahre zurück liegen. An Dinge, die sie entlasten, erinnern sich Auskunftspersonen dagegen gut.
Ulli Schippels, Mitglied für die LINKEN in dem Kieler Untersuchungsgremium, ist sehr befremdet über die Arbeitsweise: »Es ist schon irritierend, wenn über den Ausgang einer Abstimmung geredet werden darf, aber über den Inhalt der Abstimmung nicht.« Schon jetzt steht fest, dass auch große Teile eines später einmal verfassten PUA-Abschlussberichts nicht öffentlich einsehbar sein werden.
Thorsten Fürter, Obmann der Grünen im Kieler PUA sagt dazu: »Die Steuerzahler haben den Rettungsschirm für die HSH finanziert. Sie bezahlen die Arbeit des Untersuchungsausschusses. Es müsste deshalb doch selbstverständlich sein, dass die wesentlichen Unterlagen des Untersuchungsausschusses nicht vor ihnen versteckt werden.«
Zudem werden in der Bewertung, was vertraulich und verschwiegen zu behandeln ist, Unterschiede zwischen dem PUA in Hamburg und dem in Kiel gemacht. So sagte Thomas Emde von Freshfields in Hamburg öffentlich aus, in Kiel dagegen hinter verschlossenen Türen. Freshfields war vom damaligen Aufsichtsrat der Bank beauftragt worden, ein Gutachten zu erstellen, das darüber Auskunft gibt, wer die Verantwortung dafür trägt, dass die HSH Nordbank in eine Schieflage geriet.
Auch über Ländergrenzen
Die LINKE hat in der letzten Landtagssitzung zusammen mit den Grünen einen Antrag eingebracht, der darauf abzielt, Teile der vertraulichen HSH-Unterlagen öffentlich zu machen, und trotzdem noch selbstverständliche Geschäftsgeheimnisse sowie Persönlichkeitsrechte zu wahren. Die anderen Fraktionen lehnten diesen Vorstoß aber ab.
Dringlicher als die neuerliche SSW-Initiative wäre aus Sicht der schleswig-holsteinischen Grünen jedoch, dass Untersuchungsausschüsse künftig auch länderübergreifend arbeiten dürfen – was im Falle HSH Nordbank aus zwei Ausschüssen einen gemacht hätte.
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