Saarbrückens Mann fürs Soziale
Dezernent der LINKEN tritt Amt an
Beim Sommerfest der saarländischen Linksfraktion sitzt er vertraut mit den Landtagsabgeordneten Barbara Spaniol und Heinz Bierbaum an einem Tisch. Gemeinsam mit einigen hundert Gästen applaudieren die drei begeistert, als Oskar Lafontaine wieder einmal die Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland geißelt. Harald Schindel ist offenbar längst in Saarbrücken angekommen, obwohl er erst am Dienstag offiziell sein Amt als Saarbrücker Dezernent antreten wird – als erster Politiker der LINKEN in einer westdeutschen Landeshauptstadt.
Für die Saar-LINKEN ist der ehemalige Berliner Büroleiter Lafontaines inzwischen kein Fremder mehr. Vier Monate hat er 2009 kräftig im Landtagswahlkampf mitgemischt, frühmorgens Flugblätter am Saarbrücker Hauptbahnhof und spätabends Kugelschreiber in Kneipen verteilt. Gemeinsam mit Landesgeschäftsführer Thomas Lutze hat Schindel die Kampagnen organisiert. 21,3 Prozent standen am Wahlabend für die Saar-LINKE zu Buche.
Zwei Stimmen mehr
Als sich im November 2009 nach zähem Ringen im Saarbrücker Stadtrat dann LINKE, SPD und Grüne zu einem »Bündnis für Saarbrücken« zusammengerauft hatten, sei er von »Oskar, aber auch vielen anderen« gefragt worden, ob er als Dezernent für Soziales, Bürgerdienste, Sicherheit und Sport in der Hauptstadt bleiben wolle. Bei seiner Wahl im Dezember erhielt er sogar zwei Stimmen mehr, als Rot-Rot-Grün im Rat zusammen haben. Die frühe Wahl, über ein halbes Jahr vor Amtsantritt war den Bündnisabsprachen geschuldet, da auch die Partner ihre Kandidaten für die Verwaltungsspitze (SPD: Finanzen, Grüne: Umwelt) durchbringen wollten. »Primär bin ich für die ganze Stadt da«, sagt Schindel. Aber auch, betont er im gleichen Atemzug, um zu zeigen, »dass linke Kommunalpolitik möglich ist«. Die Einführung eines Sozialpasses, kostenloses Mittagessen an Schulen, Bettensteuer für Hotels (»Ausgleich für Steuergeschenke«), sind seine Stichworte. Dies ist zwar alles im Bündnis verabredet, aber bei der Umsetzung »rumpelt« es, hatte kürzlich Ratsfraktionschef Rolf Linsler, der zugleich Landesparteichef ist, kritisiert. Es »knirscht nicht bei den Projekten, sondern bei der Zeitachse«, räumt Schindel ein. Aber er ist sicher, dass es auch den Partnern bei den verabredeten Projekten ernst ist. Doch in seiner neuen Funktion will er aufs Tempo drücken.
Kein Personalabbau
Beim zentralen Saarbrücker Großprojekt »Stadtmitte am Fluss« (geschätzte Gesamtkosten 380 Millionen Euro) steht Schindel klar zu den linken Positionen: die Realisierung kommt nur, wenn die Gelder aus Berlin und Brüssel sicher sind. Soziale Einrichtungen oder Bäder schließen, dafür aber einen Tunnel für die Stadtautobahn bauen, lehnt er strikt ab. Überhaupt: die »Autobahn ist Bundesangelegenheit«. Da sollte sich doch mal Ministerpräsident Peter Müller (CDU) »in den Flieger nach Berlin setzen und mit Ramsauer reden«.
Beim zentralen »linken Markenzeichen« wird es bei Schindel kein Abweichen geben: Stellenabbau in der Verwaltung oder bei städtischen Gesellschaften sind striktes Tabu. Flexibilität ja, sagt Schindel, aber »im Saldo« muss es am Ende der Legislaturperiode bei dem Status bleiben, »den wir zum 1. Dezember 2009 erhoben haben«. Ohnehin hält er nichts von Spardiskussionen, bei denen immer zuerst das Personal genannt wird: »Wir müssen die Einnahmeseite erhöhen.« Mit dieser Forderung dürfte er bei seiner neuen Chefin, Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD), offene Türen einrennen.
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